Hoch auf dem schwarz-gelben Wagen

Romantik pur aber, wenig Komfort: Bis 1913 war zwischen Mosel und Hunsrück eine Postkutsche unterwegs. Wittlich war dabei nicht für alle ein lohnender Zwischenstopp. Nach 1913 brachte dann ein Auto die Reisenden an ihr Ziel.

 Eine alte Aufnahme der Postkutsche von 1913. TV-Foto: Repro/Marita Blahak

Eine alte Aufnahme der Postkutsche von 1913. TV-Foto: Repro/Marita Blahak

Bernkastel-Kues/Morbach. Mit der letzten Postkutschenfahrt am 1. August 1913 ist ein Stück "Fahrromantik" zu Ende gegangen. Das Postautomobil hatte als neues Verkehrsmittel die alte Postkutsche für immer abgelöst. In dem Bildband "Bernkastel in alten Ansichten" von Heinz H. Grundhöfer ist die Pferdepostkutsche zu bewundern, die auf dem Marktplatz von Bernkastel zu ihrer letzten Fahrt auf den Hunsrück startete.

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Es mag wohl eine romantische Zeit gewesen sein, als die Pferdepostkutschen die Fahrgäste vom Moseltal hinauf zum Hunsrück brachten - eine bequeme Reise boten die Postkutschen aber nicht. Man spürte jeden Stoß, und eine Fahrt von Birkenfeld über Morbach nach Bernkastel dauerte sechs Stunden.

Dichter wie Nikolaus Lenau (1802-1850) verfassten gefühlvolle Zeilen: "Rauher war mein Postillion, ließ die Geißel knallen, über Berg und Tal davon frisch sein Horn erschallen." Heimatkenner Franz Schmitt berichtet in seiner Chronik "Bernkastel im Wandel der Zeiten" von einer Poststation in Bernkastel, und der ehemalige Stadtbürgermeister und Heimatforscher Heinz H. Grundhöfer aus Bernkastel-Kues erzählt im Jahrbuch 2004 des Kreises Bernkastel-Wittlich über die Postlinie von der Mosel auf den Hunsrück.

Bereits unter Kaiser Maximilian I. schuf Franz von Taxis 1494 die erste Postverbindung von Wien nach Brüssel. An der Strecke lag einst auch Lieser. Die "Posthalterei", wo auch der Pferdewechsel erfolgte, wurde in Abständen von 25 bis 30 Kilometern in Gasthöfen oder Herbergen errichtet. War es anfangs eine reine Brief- und Paketpost, so kam später auch die Personenbeförderung hinzu.

Grundhöfer berichtete, "dass die seit längerer Zeit projektierte Einrichtung einer Personenpost zwischen Kirn und Berncastel über Morbach mit dem 1. Mai 1847 ins Leben treten soll".

Morbach erhielt eine Posthalterei und war so voll in das preußische Postliniennetz integriert. Bereits 1824 war ein Postkontor für Bernkastel in Monzelfeld errichtet worden (heute noch exisitiert der Flurname "am Postweg"). 1837 erhielt Bernkastel eine eigene Poststation mit Passagierstube im Gasthof zum "Goldenen Adler" an der Ecke Gestade/Schanzstraße (heute Hotel zur Post).

In der Station befand sich auch ein Beschwerdebuch, in das die Fahrgäste ihre Klagen eintrugen. So beklagte sich 1839 der Gutsverwalter von Rheinböllerhütte, dass die Reisenden, die mit der Post von Bingen über Bernkastel nach Wittlich kämen, dort oft über vier Stunden warten müssten, ehe der Coblenzer Eilwagen nach Trier einträfe: "dieser Aufenthalt in dem traurigen, höchst uninteressanten Ort Wittlich ist für die Reisenden nicht nur zeitraubend, sondern auch sehr langweilig".

Der Weg nach Morbach ging nach dem Ausbau der Provinzialstraße durch das Tiefenbachtal über Longkamp. Auf dem Kutschbock saß meist der allseits bekannte Morbacher Post-Johann. Um den Hals hing ihm sein Wahrzeichen, das messingglänzende Posthorn.

1913 fuhr die letzte Postkutsche auf den Hunsrück, das bequemere Postmobil übernahm ihre Funktion. Doch eines ist geblieben, wie Grundhöfer schreibt: Der Ausdruck "Pferdestärke" (PS) ist bis heute auch für Autos gebräuchlich. mbl

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