Kalinka, Borschtsch und fliegende Schenkel

WITTLICH. Der russische Abend war der vierte Länderabend des Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage. Mit landestypischem Essen, Musik, Tänzen und Geschichte bauten Einheimische und Einwanderer gegenseitig ihre Vorurteile ab.

 Neben traditionellen Tänzen präsentierte die Kindertanzgruppe der russischsprachigen Samstagsschule auch Modernes.Foto: Petra Geisbüsch

Neben traditionellen Tänzen präsentierte die Kindertanzgruppe der russischsprachigen Samstagsschule auch Modernes.Foto: Petra Geisbüsch

Problematisches zwischen Deutschen und Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion gibt es genug. Allein die sprachliche Unterscheidung setzt der zugewanderten Menschengruppe, die auch im Kreis Bernkastel-Wittlich von beachtlicher Größe ist, den Stempel der Fremdheit auf: Dort waren sie "die Deutschen", hier sind sie "die Russen". Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage mit Sitz in Bernkastel-Kues nimmt sich den Zuwanderern aus aller Herren Länder an. Es baut auf die Völkerverständigung Auge in Auge: Nach einem iranischen, polnischen und vietnamesischen Länderabend saßen nun im Casino "Russen" und "Deutsche" an einem Tisch.Gefüllte Spitzpaprika und Hefekuchen

Die überwältigende Mehrheit der russischstämmigen Einwanderer hat einen deutschen Pass, da sie ihre Herkunft auf ehemalige Auswanderer aus Deutschland zurückverfolgen können. Das Rahmenprogramm hatte der Kulturverein der russisch Sprechenden Wittlichs organisiert. Wie es ehemals zu den Auswanderungswellen von Deutschland nach Russland kam, welche verlockenden politischen, religiösen und finanziellen Angebote zum Beispiel Katharina die Große für Deutsche bereithielt, welches Schicksal die Wolgadeutschen während und nach der Stalinherrschaft erlitten, darüber sprach Referentin Kovrigin in einem theoretischen Teil. Danach wurde der obligatorische Borschtsch serviert. Wer schon den polnischen Abend besucht hatte, stellte fest: Diesmal fehlte die von den meisten erwartete Rote Beete in der für Osteuropa so typischen Speise. Gefüllte Spitzpaprika und ein mit Trockenobst gefüllter Hefekuchen zum starken schwarzen Tee rundeten das Menü ab. Casino-Inhaber Josef Ebner hatte sich von einer in Russland ausgebildeten Köchin zuvor professionell in die originalgetreue Zubereitung einweisen lassen. Auch sonst leistete er seinen ganz persönlichen Teil zur Völkerverständigung und war mit dem Preis für das Menü heruntergegangen. Die Kinder aßen ohnehin umsonst: Ihren Anteil hatte das Bündnis übernommen. Und es waren viele Kinder gekommen. Die Tanzgruppe des Vereines der russisch Sprechenden, der in Wengerohr eine gut besuchte Samstagsschule unterhält, zeigte die ganze Palette ihres Könnens. Sowohl traditionelle, als auch moderne Tänze standen auf dem Programm. Auch Wohlklänge am Klavier gab der musikalische Nachwuchs zum Besten. Beim rhythmus-betonten "Kalinka" kam dann richtig Leben in die Bude. Überzeugen konnte auch der Vortrag der Jungentanzgruppe: Zu einem klassischen Matrosentanz flogen die Beine in der Hocke nach rechts und nach links. Der Vorsitzende des Bündnisses, Dr. Yaghoub Khoschlessan, freut sich über den stetig wachsenden Zuspruch zu den Länderabenden von Seiten der deutschen Bevölkerung. Rund 110 Besucher hatten den Weg ins Casino gefunden. Immerhin zweisprachig war bereits seine Begrüßung ausgefallen. "Der Papst schafft das in wesentlich mehr Sprachen", meinte er jedoch augenzwinkernd.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort