Kapitulation vor Wahl

Sie sind selten schön, noch seltener originell, und sie sind derzeit überall - so unübersehbar, dass sie nach Ansicht des ADAC sogar den Straßenverkehr gefährden. Und obwohl sie richtig viel Geld kosten und sich Sozialforscher nicht sicher sind, ob sie überhaupt eine relevante Wirkung haben, glauben doch fast alle Gruppen, Parteien und Kandidaten, dass sie unverzichtbar sind: die Wahlplakate.

Gerade vor Kommunalwahlen, bei denen neben Räten auch Bürgermeister und Landräte direkt gewählt werden, gibt es kaum einen Laternenmast, von dem nicht ein freundlicher Bewerber dem Wähler entgegengrinst. Am schlimmsten ist die Situation - angesichts von sechs Menschen, die gerne Bürgermeister werden wollen - in Wittlich. Aber auch der Eifelkreis Bitburg-Prüm ist wegen der Landratswahl mit drei Bewerbern und mehreren VG-Bürgermeisterwahlen mit mehreren Kandidaten gepflastert mit Plakaten. Um den Wust unter Kontrolle zu halten, haben viele Städte und Gemeinden Sondernutzungssatzungen, die die Zahl der für jede Gruppe zulässigen Plakate beschränkt. Das klingt sinnvoll, wenn die Satzung denn auch umgesetzt und gegen Verstöße vorgegangen würde. Sicher hätte dies Ärger mit den von etwaigen Aufforderungen zum Entfernen von Plakaten betroffenen Gruppen zur Folge. Aber diesen Ärger müssen die zuständigen Verwaltungen auf sich nehmen, wenn sie glaubwürdiger sein wollen, als ein Wahlversprechen. Es ist absurd, dass die meisten Verantwortlichen in den Rathäusern ausgerechnet diese Regelverstöße einfach hinnehmen, während die Mitarbeiter der zuständigen Ordnungsämter mitten im Plakatchaos weiter fleißig auf der Suche nach Parksündern sind. Warum sollten diese sich an Regeln halten, wenn die, die Regeln machen wollen, es nicht tun?

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