Kein Problem für kleine Kinderseelen

RIVENICH. Was in unseren Grundschulen noch Mangelware ist, haben einige Kindergärten des Landkreises bereits in die Realität umgesetzt: Französisch lernt der Nachwuchs in diesem Alter noch ganz spielerisch.

Es ist Montagmorgen im Kindergarten in Rivenich - kurz vor den Weihnachtsferien. Die Kinder sitzen im Kreis, mittendrin die Erzieherinnen und Xenia Thelen. Die schaut zweimal in der Woche vorbei. Ihr Job ist es, den Mädchen und Jungs die Sprache unserer direkten Nachbarn Frankreich, Luxemburg und Belgien beizubringen. Und zwar auf eine fröhliche, spielerische Weise, wie es dem Alter der Kinder angemessen ist. Die sind zwischen zwei und sechs Jahre jung: also im nachgewiesenermaßen idealen Lernalter - besonders für Sprachen. Auf dem Schoß hält Xenia Thelen einen Korb. Was das darüber gedeckte Tuch verbirgt, wissen die Kinder noch nicht. Eines nach dem anderen darf näher treten und sich einen Gegenstand aus dem Korb fischen. Als erste ist Alina dran. Als ihre Hand wieder zum Vorschein kommt, hält sie ein glitzerndes Etwas fest. "Une girlande!", ruft sie erfreut, und alle Stimmen im Kreis tun es ihr nach. In der Mitte steht ein kleiner Weihnachtsbaum in einem Topf: Noch ist er ungeschmückt, aber das ändert sich jetzt. Alina tänzelt um das Bäumchen und dekoriert es mit einer ersten goldenen Girlande. Als nächster darf Manuel ran. Auch seine Hand zieht eine Girlande heraus, diesmal in Blau, auch er macht sich ans schmückende Werk. Alle kommen dran. Nach und nach holen sie Glöckchen, Kugeln und Kerzen aus dem Korb, und jedes Teil erhält einen Ehrenplatz am Baum. Une boule, une cloche, une bougie: Längst kennen die Kinder die französischen Vokabeln für die funkelnden, weihnachtlichen Gegenstände in ihren Händen, und alles zusammen ergibt einen prachtvollen sapin de Noël, einen Weihnachtsbaum eben, und das ist alles keine Hexerei.Erstaunlich wenige Probleme mit deutschem Akzent

Auch mit Überforderung von kleinen Kinderseelen hat das nichts zu tun, was Xenia Thelen den Kleinen anbietet. Erstens ist sie eine Muttersprachlerin, und zweitens hat sie ihr pädagogisches und didaktisches Rüstzeug an einer Universität gelernt. Sie spricht ganz einfach auf Französisch mit den Mädchen und Jungs, ob in der Küche, beim Spielen, in allen Alltagssituationen im Kindergarten. Erstaunlich ist die Tatsache, dass die offenbar wenig Probleme mit dem deutschen Akzent entwickeln, was eine der größten Blockaden in späteren Jahren darstellt, wenn die Zunge sich zu sehr auf eine einzige Art festgelegt hat, Vokale und Konsonanten auszusprechen. "Mir macht das Spaß", sagt Matthias später. Wenn er nach Hause kommt, teilt er sein neues Wissen immer mit den Eltern und Großeltern. Bei Emely ist es ähnlich: Ihr Papa arbeitet sogar in Luxemburg und lernt gerne mit seiner fleißigen Tochter mit. Geballt kriegt es die Familie von Alina und Verena ab: Die blonden Schwestern, sechs und noch nicht einmal drei Jahre alt, kommen beide mittags nach Hause und unterhalten sich, spätestens beim Kartenspielen, in der neuen Sprache. "Tu me donne, s´il te plait, la carte avec le chat", sagt Xenia Thelen gerade am Nebentisch. Und Kim gibt ihr genau die richtige Karte: die mit der Katze eben. "Derniere carte!" (letzte Karte), sagt sie strahlend. Einrichtungsleiterin Vera Krones berichtet, dass einige Kinder sich sogar morgens auf französisch begrüßen und mittags auch wieder verabschieden. Die kostbare Saat des Sprachunterrichts geht also auf.

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