Kirche mit Betten und großer Küche

Wehlen · Aus dem früheren Wehlener Gotteshaus wird ein Gruppen- und Seminarhaus. Eine Kölnerin mit Faible für Altbauten hat es gekauft.

Wolfgang Port ist seit mehr als 16 Jahren Stadtbürgermeister von Bernkastel-Kues. In dieser Zeit hat er viel mit alten und neuen Häusern, zu verkaufenden und gekauften Immobilien zu tun gehabt. Die alte Kirche im Stadtteil Wehlen nimmt bei der Häufigkeit den Spitzenplatz ein. "Es gibt keine vergleichbare Immobilie", sagt er. Was sollte nicht schon alles in die im 17. Jahrhundert errichtete und 1867 säkularisierte Kirche einziehen. Zur Auswahl standen unter anderem in den vergangenen zehn Jahren: Kindergarten, Bürgerhaus, Vinothek, Spitzenlokal. Manche Verträge schienen fast schon unterzeichnet. Doch Vollzug wurde nie gemeldet. Vor wenigen Tagen ist aber nun doch ein Kaufvertrag unterzeichnet worden.

Anke Oster aus Köln hat das mehr als 350 Jahre alte denkmalgeschützte Anwesen erworben. Sie will daraus ein Gruppen-und Seminarhaus für bis zu 24 Personen machen. Dafür wird die 51-Jährige nach jetzigem Stand einen hohen sechsstelligen Betrag in die Hand nehmen. Dafür ist der Kaufpreis günstig. Er liegt nur im vierstelligen Bereich.
Wer den Hintergrund nicht kennt, wird über die Pläne vielleicht den Kopf schütteln - allein deswegen, weil das Gebäude in einem sehr schlechten Zustand ist. "Seit mehreren Jahren regnet es rein und es ist voller Hausschwamm", sagt Oster. Der Pilz zerstört Holz.

Doch die studierte Betriebswirtschafterin weiß offenbar genau, was sie tut. Weitere sechs Objekte in Köln, Essen, Monschau (Eifel) und im Sauerland nennt sie ihr Eigen. Wunderschöne alte Häuser und Villen hat sie mit großem Aufwand und viel Liebe zum Detail, außen und innen, zu Ferienhäusern und Ferienwohnungen umgestaltet.
In Bödefeld im Hochsauerland gehört ihr auch bereits ein Gruppen- und Seminarhaus für bis zu 26 Personen. Der Zulauf von Familien, Cliquen und großen Gruppen und von Firmen, die dort in kleinem Rahmen Seminare abhalten, sei so groß, dass sie nach einem weiteren Ausschauobjekt gehalten hätte.

Da es höchstens zwei Stunden von Köln entfernt liegen sollte, sei sie auf Wehlen gestoßen. "In einer ehemaligen Kirche zu wohnen ist natürlich auch etwas ganz besonderes", sagt sie. Neben den Zimmern wird es eine große Küche und einen großen Wohnraum geben. Oster ist aus ihren Erfahrungen und wegen ihrer Verbindungen sicher, dass die Vermietung kein Problem machen wird. Im Gegenteil: "Die Lage und die Umgebung sind perfekt", sagt sie. Ein bisschen Angst hat sie nur, dass die Sanierung wegen der vielen Schäden teurer werden könnte als geplant.

Doch die Herausforderung reizt sie "Ich liebe Altbauten", sagt sie. Die alte Kirche soll in diesem Bereich aber die letzte Herausforderung werden. Die Arbeiten, an denen auch heimische Handwerker beteiligt sind, werden in Kürze beginnen. Realistisch sei wohl eine Fertigstellung im Frühjahr 2018. "Ich wünsche mir, dass uns die Wehlener mit offenen Armen empfangen", sagt Oster. ´Gertrud Weydert breitet schon symbolisch die Arme aus. Für den bekannten Weinort sei das ein idealer Mosaikstein. Von dem Gebäude gehe immer noch ein spiritueller Geist aus, sagt Stadtbürgermeister Port. Damit könnten viele Leute erreicht werden. Oster geht davon aus, dass werktags Firmen das Haus buchen und an den Wochenende Freundeskreise, Interessengruppen und Großfamilien anreisen. Grundsätzlich wird der Preis immer gleich sei - egal wie viele Leute kommen. Je mehr, desto billiger. Etwa 700 Euro werden es am Tag sein. Bei Vollbelegung sind das etwa 28,50 Euro pro Person und Tag. Die Wochenenden werden mit zweieinhalb Tagen berechnet, weil sie bis Sonntagabend dauern können.
Meinung

In guten Händen

Von Clemens Beckmann

Wer sich im Internet die Häuser von Anke Oster anschaut, kann nur zu einem Gedanken kommen. Die Frau hat Geschmack, ganz viel Engagement und Idealismus. Sie weiß was sie will und kann. Diesen Eindruck hat sie auch bei ihrer Vorstellung und der Präsentation ihrer Pläne im Stadtrat hinterlassen. Die alte Kirche ist bei ihr in guten Händen. Sie beweist, dass die ländlichen Regionen nicht immer Verlierer sein müssen. In Wehlen gibt es noch Metzger und Bäcker und viele tolle Winzer. Die profitieren von dem neuen Angebot. Nur schade, dass das gastronomische Angebot nicht mehr so ist, wie es schon einmal war.

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