Kirchturm schwebt und Glocken schweigen

WITTLICH. Bewegung um und von Wittlichs Kirchturmsspitze: Ein Riesenkran rückt an, die Karrstraße wird zwei Tage gesperrt, die neue Glocke kommt, der schiefergedeckte Turmteil verschwindet auf Zeit, der Kirchvorplatz kann aus Sicherheitsgründen drei Monate nicht betreten werden.

Baustellen-Liebhaber können jetzt vom Konversionsgebiet in die Innenstadt wechseln. Wann sieht man schon einen Kirchturm "fliegen"? Kurz, die weitere Sanierung der St. Markus-Kirche wird Aufsehen erregen: Am Dienstag und Mittwoch, 5. und 6. Juli, wird die Karrstraße vor der Kirche komplett gesperrt (Parkplatz bleibt erreichbar), ein Mobilkran fährt vor, plus sieben LKW, die einen weiteren Kran geladen haben. Der wird für drei Monate auf dem Kirchenvorplatz stationiert, so lange bleibt auch der Platz nebst Treppenanlage zur Karrstraße für Fußgänger dicht. Rund um die Baustelle am Wittlicher Wahrzeichen gibt es dann viel zu sehen: Zuerst wird der Mobilkran den stationären Kran aufbauen und dann den oberen Teil des Glockenturms, das vier Meter hohe, rund sechs Tonnen schwere Laternendach abheben. Dann verschwinden die acht sichtbaren Säulen darunter, und nach und nach wird die große, rund zehn Meter hohe bauchig geschwungene "Welschhaube" abgebaut. Am Freitag, 8. Juli, kommt die neue Glocke, die zunächst unten im Turmraum besichtigt werden kann. Dechant Rudolf Halffmann sucht jetzt einen Termin für ihre Weihe vor Montag, 25. Juli, wenn der Kran die Glocke in ihren Bestimmungsort im Turm heben wird, der bis dahin "oben ohne" in den Himmel ragen wird. Wo der Schieferhelm aufsetzte, werden die alten Holzbalken durch eine Stahlbetondecke ersetzt. Darauf wiederum werden als Gesamtkonstruktion per Kran dann acht 14 Meter hohe, neun Tonnen schwere Pfosten im Achteck gesetzt, die später auch die alte Laterne tragen werden. Für diese Konstruktion ist Zimmermann Lothar Rosenbaum aus Mayen zuständig, der in Absprache mit dem Trierer Statiker Robert Haun auch die neue Haube bauen wird. Er ist stolz auf den Auftrag: "In der Höhe und Größe macht man so etwas nur ein Mal im Leben." Architekt Peter Berdi vom Architekturbüro Berdi Johann aus Lutzerath, der die gesamte Kirchen-Sanierung in Kooperation mit dem Verwaltungsrat der Gemeinde und dem Bistum betreut, erklärt, warum die zunächst nicht geplante Turmsanierung notwendig ist: "Die letzte Sanierung war 1972. Aber wir haben Wassereintritte. In der Folge sind tragende Balken weg gefault. Auch die Schiefereindeckung muss erneuert werden. Als das klar war, haben wir parallel die historische Sanierung und die Erneuerung ausgeschrieben." Das Ergebnis war: Der Neubau der Welschhaube ist günstiger. Selbst der Laie sieht, dass die Stabilität des Turms, der laut Architekt 50 Meter über Wittlich teilweise bedrohlich schwankt, nicht mehr gegeben ist: verfaulte Balken mit tiefen Löchern, sich leicht lösende Schindeln - auch Dechant Rudolf Halfmann, der erstmals bis ganz nach oben geklettert ist, wundert sich über die Schäden, als er in die "Glockenstube" blickt. Das Geläut wird den Wittlichern übrigens während der Arbeiten nicht immer die Stunde schlagen. "Wir müssen die Glocken teilweise abstellen. Man kann sich kaum vorstellen, wie laut das hier oben ist", sagt Peter Berdi. Die abgebaute Uhr über dem Heiligen Sebastian wird übrigens auch erneuert: Sie bekommt neue Zeiger und - adieu Mechanik - ein digitales Uhrwerk. Ansonsten müssen sich die Wittlicher nur auf Zeit von ihrer Kirchturmspitze verabschieden: Der Neubau wird historisch korrekt die 300 Jahre alte geschwungene Form respektieren.

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