Landgericht Trier fällt Urteil im Prozess um gefährliche Körperverletzung: Wann ist Eifersucht Wahn?

Trier/Bernkastel-Kues · Ein 68-jähriger Mann ist wegen gefährlicher Körperverletzung mit einem Fleischklopfer vor dem Landgericht verurteilt worden.

"Jetzt bring ich dich um", schrie der Angeklagte, als er im Februar in einem Ort an der Mosel seiner Lebensgefährtin mit einem Fleischklopfer mehrfach auf den Kopf schlug. Das Opfer überlebte, wenn auch mit schweren psychischen Belastungen. Kurz zuvor hatte der Angeklagte nach eigener Angabe sechs Flachmänner getrunken. Spannend blieb bis zuletzt nicht die Schuldfrage, sondern Schuldmaß und Motiv: Wann ist Eifersucht Wahn, und wie schuldfähig ist ein Alkoholiker mit 2,5 Promille?

Das sagt der Zeuge: Er ist nicht nur wichtig als einziger Zeuge am dritten Prozesstag, sondern auch, weil er - laut Angeklagtem - der Grund für die Gewalttat ist. Denn ihm unterstellt der Angeklagte ein Verhältnis mit seiner Lebensgefährtin. "Er war unberechenbar, wenn er trank", sagt der Zeuge. Mehrfach habe der Angeklagte ihm Schläge angedroht. Das Kuriose: Der Angeklagte, die Lebensgefährtin und der Zeuge haben einmal zusammen gewohnt. Ein Verhältnis zur Frau bestreitet der Zeuge. Der Angeklagte (68) ist seit vermutlich 40 Jahren Alkoholiker. Sein Vorstrafenregister dokumentiert seine Neigung zur Gewalt, darunter auch schwere Vergehen wie sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen. Die Postanschrift des Alkoholabhängigen war so über viele Jahre immer mal wieder ein Gefängnis.

Das sagt der Gutachter: Dr. Sergiy Davydenko ist als psychologischer Gutachter beim Landgericht: "Mir hat der Zeuge berichtet, er könne sich nicht an die Tat erinnern. Wenn er es aber gewesen sein sollte, dann sei es eine Schweinerei, sagte er selbst." Davidenko ist sich sicher beim Motiv: "Eifersucht". Immerhin habe der Angeklagte seine Freundin heimlich verfolgt und sie ausspioniert. Nur ab wann ist Eifersucht Wahn, so pathologisch, dass sie schuldmindern vor Gericht wirkt? Dann, wenn Vorstellung und Realität nicht mehr im Einklang sind - ein fließender Übergang, gibt der Sachverständige zu. "Für eine Diagnose reicht es nicht." Jemand, der etwa glaube, von Aliens verfolgt zu werden, ließe sich hingegen als wahnhaft diagnostizieren. Einen Strohhalm hat Strafverteidiger Bogner noch, um die Schuldfähigkeit zu mindern - das bedeute ein paar Jahre weniger Gefängnis.

Die Gesundheit: Neben der Alkoholsucht leidet der Angeklagte unter Epilepsie. Daher rühre auch der Filmriss. Letzteres wird ihm rund zwei Jahre ersparen. Zum Alkohol: Sowohl Richterin Petra Schmitz, als auch Staatsanwalt Stefan Buch sind sich einig, dass für den Alkoholiker die 2,5 Promille nicht dieselbe verminderte Steuerungsfähigkeit ausmache wie für einen gesunden Menschen. Die Gewöhnung an den Alkohol sei enorm. Außerdem machte der Angeklagte am Tatabend bei der Polizei einen relativ klaren Eindruck. So klar, dass er sich sogar im Nachhinein selbst verletzte, um die Tat wie Notwehr aussehen zu lassen. Den Filmriss nimmt ihm Staatsanwalt Buch nicht ab und fordert sechseinhalb Jahre Haft.

Der Richterspruch: Für Richterin Petra Schmitz ist die Eifersucht "eine Fehlinterpretation des Angeklagten", also keine psychische, strafmildernde, Erkrankung. Seine Epilepsie hingegen verhilft dem 68-Jährigen letztlich zu nur viereinhalb Jahren Haft, anstatt des von Buch geforderten Strafmaßes.

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