Nach schwerer Operation von Kind aus Bullay: Entwicklung wie im Zeitraffer

Mainz/Bullay · Vor einigen Monaten haben nur wenige geglaubt, dass der eineinhalbjährige David Schillings jemals ganz gesund werden würde. Nach einer 13-stündigen Operation und einem mehrmonatigen Aufenthalt in den USA holt der Junge jetzt alles nach, was er bisher nicht konnte.

 Kerstin und Volker Schillings (vorne) freuen sich, dass dank des erfahrenen Teams des Kinderhospitals in Boston ihr mit einer schweren Erkrankung geborener, mittlerweile eineinhalbjähriger Sohn David sich nun entwickeln kann wie andere Kinder auch. Foto: privat

Kerstin und Volker Schillings (vorne) freuen sich, dass dank des erfahrenen Teams des Kinderhospitals in Boston ihr mit einer schweren Erkrankung geborener, mittlerweile eineinhalbjähriger Sohn David sich nun entwickeln kann wie andere Kinder auch. Foto: privat

Foto: Holger Teusch (teu) ("TV-Upload Teusch"

Volker Schillings ist glücklich - und dankbar: "Man kann es nicht in Worte fassen, wie sehr wir jedem Einzelnen dankbar sind", sagt der aus Bullay an der Mosel (Kreis Cochem-Zell) stammende 40-Jährige. Als er im September mit Ehefrau Kerstin, ihrem ältesten Sohn Matti und den Zwillingen Tom und David in die USA aufbrach, war das alles andere als eine normale Reise. Es war der letzte Strohhalm, an den sich die in Mainz lebende Familie klammerte (der Volksfreund berichtete).

David litt seit seiner Geburt am 17. Juni 2014 an einer schweren Fehlbildung der Speiseröhre. Die Verbindung zum Magen fehlte. Außerdem gab es Fisteln, Abzweigungen ins Bronchialsystem. Mehrmals wurde der Säugling stundenlang operiert. Doch in Deutschland sahen die Schillings keine Behandlungsmöglichkeiten mehr. In Boston fanden sie die weltweit einzige Klinik, die sich auf die sogenannte Ösophagusatresie spezialisiert hat.

Der Flug in die USA, eine Reise ins Ungewisse - nicht nur, was die Erfolgsaussichten betraf, auch finanziell. Der Kostenvoranschlag ging von 275.000 Euro aus. Dazu Transport und Aufenthalt. Die Schillings baten um Spenden - und die Resonanz war riesig. "Insgesamt haben mehr als 4000 Menschen gespendet", erzählt Volker Schillings. Die Patienten- und Selbsthilfeorganisation für Menschen mit kranker Speiseröhre, Keks, habe ihm mitgeteilt, dass circa 300.000 Euro eingegangen wären. "Die Endrechnung wurde durch das Krankenhaus noch nicht gestellt, aber wir sind zuversichtlich, dass mit Hilfe der Spenden die Kosten für die Operationen gedeckt sind. David hat nun Tausende von Paten."

Die Spezialisten in Boston, die jährlich rund 200 Kinder mit ähnlichem Krankheitsbild behandeln, operierten David mehrmals. Während der ersten, 13 Stunden dauernden OP wurden die Fisteln entfernt und die Luftröhre mit einem neuen Verfahren stabilisiert. Dabei fiel auf, dass David eine sogenannte Larynxspalte hat. Beim Schlucken verschließt sich die Luftröhre nicht vollständig, so dass immer wieder Flüssigkeit in die Lunge gerät. Bei weiteren Operationen wurden die Larynxspalte geschlossen und die Speiseröhre geweitet.

"Während der großen OP wanderten wir ziellos durch Boston", erzählt Volker Schillings. Doch jede Stunde wurde das Paar über den Fortschritt informiert. Als David nach drei Tagen selbstständig und so gut wie noch nie atmen konnte und nach weiteren zwei Tagen bereits die Intensivstation verließ, begann das, was Volker Schillings "das Wunder" nennt: Gut zwei Wochen nach dem Eingriff gaben die Ärzte grünes Licht fürs Esstraining. "Wir waren bei seinen ersten Bissen so aufgeregt und konnten nicht glauben, was wir sahen. Zwar verschluckte sich David und hustete, doch er hat kleine Mengen gegessen. Und das mit Spaß", erinnert sich Volker Schillings. "Experten in Deutschland waren sich sicher gewesen, dass David Monate, vielleicht Jahre benötigt, um das Essen und Trinken zu lernen. Er hatte noch nie etwas oral zu sich genommen. Kleinste Mengen Flüssigkeit oder Essen versetzten ihn in Panik."

Seit Jahresbeginn zurück in Deutschland, esse und trinke David wie jedes Kind und mache auch motorische Entwicklungssprünge. Vor der Reise in die USA konnte der Einjährige weder sitzen noch krabbeln. Wenn er sich festhalte, mache er nun bereits erste Gehschritte. "Ein bisschen ist es wie in einem Schnellvorlauf bei einem Video", sagt Volker Schillings.

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