Reichlich Gesprächsstoff

WITTLICH. (peg) Gatt-Verhandlungen, EU-Osterweiterung, Haltungsverordnung, Agrardiesel: Den Bauern und Winzern werden die Diskussionspunkte so schnell nicht ausgehen, wie sich beim Jahrestreffen des Kreisverbandes wieder einmal zeigte.

Alle Jahre wieder treffen sich die Winzer und Bauern des Kreises im Jugendheim St. Bernhard. Und alle Jahre wieder schimpfen sie über Gesetze und Verordnungen. Dabei haben sie traditionell neben Mitgliedern von landwirtschaftlichen Institutionen auch prominente Besucher: Die Heiligen Drei Könige (sie sammelten Spenden für die Flutopfer), Mitglieder aus dem EU-Parlament, aus Bundes- und Landtag sowie die Kreischefin gehören dazu. In diesem Jahr sprachen neben Beate Läsch-Weber auch zwei Präsidenten Grußworte: Für die Landwirtschaftskammer Günther Schartz und für den eigenen Verband Leo Blum.Harsche Kritik an Steuern auf Agrardiesel

Als Referenten hatte der Kreisvorsitzende Manfred Zelder einen dritten Präsidenten gewinnen können. Franz-Josef Möllers vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband sprach zu aktuellen agrarpolitischen Fragen und zu Arbeitsschwerpunkten seiner Berufsvertretungen. Möllers sieht die Landwirte mitten drin in einer allgemein ambivalenten politischen Situation, und das sowohl auf nationaler Ebene als auch in internationalen Bezügen gedacht. "Es gilt in höchstem Maße aufzupassen bei den Gatt-Nachfolge-Verhandlungen", mahnte er im Jugendheim. Auch er plädiere unbedingt für einen freien Zugang zum Weltmarkt für die ärmsten Nationen, doch ohne eine starke Interessenvertretung erstens der deutschen und zweitens der gesamteuropäischen Landwirtschaft drohe man, bei den derzeit auszuhandelnden Neuregelungen der gesamten Weltwirtschaft "hinten runter zu fallen". Positiv bewertete Möllers die anfangs mit großer Skepsis beäugte EU-Osterweiterung besonders im Hinblick auf den Schweinepreis. Die Geschmacksnerven, die offenbar im entfernten Osten "noch in Ordnung" seien, gewährleisteten einen Export auch in diese Regionen, und das für Fleisch, das es auf Grund eines höheren Fettgehaltes in heimischen Regionen schwer habe, zu einem reellen Preis verkauft zu werden. Harsche Kritik übte Möllers an weiten Teilen der nationalen Agrarpolitik: Die Steuern auf Agrardiesel und die seiner Meinung nach fahrlässige Umgehensweise Renate Künasts mit der Neuregelung der Nutztierhaltung sorgten flächendeckend für Wettbewerbsverzerrungen. Für einen landwirtschaftlichen Betrieb mittlerer Größe entstünden allein durch 40 Cent Steuerbelastung pro Liter Dieselkraftstoff zwangsweise Mehrausgaben von 50 Euro pro Hektar. Zum Vergleich: Frankreich hat für seine Bauern gerade Steuern von 1,6 Cent für einen Liter beschlossen. Zuckermarktverordnung, Schweinepest, Hochwasserschutz, erneuerbare Energien, Arzneimittelverordnung und immer wieder die Gentechnik: Die Liste der von Möllers angeschnittenen Themen war lang und sorgte für genügend Zündstoff für die anschließende, wie immer lebhafte Diskussion im Jugendheim.Sein Fazit: Den Strukturwandel in der Landwirtschaft könne keiner ignorieren; er gehöre zu einer dynamischen Wirtschaft dazu. Möllers riet seinen Kollegen jedoch, mutig anzutreten bei allen anstehenden Gesprächen mit den politischen Entscheidungsträgern, sonst stünde "...eine nächste Bauernbefreiung an, in diesem Fall aus dem Würgegriff der Politik der Grünen."

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