Salomonisch wie Salomon

TRIER. Wertvoll oder nicht - das war hier die Frage. Die Experten des Kölner Auktionshauses Von Ham konnten bei der Aktion "Ihre Schätzchen unter der Lupe" oft mit erhobenem Daumen antworten. Wegen des großen Zuspruchs soll die in Zusammenarbeit mit dem TV organisierte Kunstschätz-Aktion im Oktober wiederholt werden.

 Noch strahlt Besitzer Lothar Geissler (rechts) hoffnungsfroh, doch Reinhard Singers Skepsis wird sich gleich bestätigen.Foto: Roland Morgen

Noch strahlt Besitzer Lothar Geissler (rechts) hoffnungsfroh, doch Reinhard Singers Skepsis wird sich gleich bestätigen.Foto: Roland Morgen

Um 11.20 Uhr ist Lothar Geissler "völlig ahnungslos, aber optimistisch". Mit drei Ölgemälden aus Familienbesitz ist der 69-Jährige aus Starkenburg (Kreis Bernkastel-Wittlich) zum IHK-Tagungszentrum nach Trier gefahren, um sie dort von einem Fachmann begutachten zu lassen. Verkaufsabsichten? "Ja, eventuell. Das hängt davon ab, ob es sich lohnt." Eine Viertelstunde später ist Geissler "schlauer, aber auch etwas enttäuscht". Van-Ham-Bilderexperte Reinhard Singer hat ein wenig erbauliches Urteil über die Bilder aus dem 19. Jahrhundert gefällt: Der Leickert ist ebenso wenig ein Original wie der Koekkoek; die Gemälde stammen vermutlich von Schülern der beiden Niederländer. Immerhin dürfte es sich bei Nummer drei um einen authentischen Hoppenbrouwers (1819-1866) handeln. Dessen Winterlandschaft mit Mühle könnte bei einer Auktion vielleicht 6000 Euro bringen. Könnte.Längst nicht alles gehört unter den Hammer

Geissler nimmt's gelassen: "Die Bilder haben für mich einen hohen ideellen Wert. Schließlich haben sie in unserem Haus in Düsseldorf 1944 einen Bombenangriff fast unversehrt überstanden." Wesentlich beglückender fällt Singers Einschätzung zu zwei älteren Bildern aus, deren Besitzer ungenannt bleiben möchten. Das eine, "Das Urteil Salomons", stammt möglicherweise von einem Rembrandt-Schüler; das andere dürfte im Auftrag Rudolfs II. im frühen 17. Jahrhundert in Prag entstanden sein. In beiden Fällen will der 49-Jährige weitere Recherchen anstellen. Auktionserlöse im fünfstelligen Bereich hält er für möglich. In einem anderem Fall empfiehlt Singer den Besitzern ganz salomonisch, ihr großformatiges Trier-Gemälde nicht unter den Hammer zu bringen, sondern in der Region nach Interessenten zu suchen. Wilhelm Harsings 1891 gemalter Blick auf Pallien und Mariensäule lässt das Herz eines Lokalpatrioten höher schlagen und ihn möglicherweise tiefer in die Tasche greifen. Und für einen "Ansetzpreis von 3000 Euro" lassen sich die Besitzer ohnehin nicht erwärmen: "Dann bleibt es eben auch in der vierten Generation bei uns". Reinhard Singer ist der Meistgefragte aus dem Fachleute-Trio von Van Ham Kunstauktionen. Fast die Hälfte der nach einer Vorauswahl ins IHK-Kongresszentrum eingeladenen rund 60 Kunstbesitzer sucht seinen Rat und seine Einschätzung. Auch seine Kollegin Ursula Reinhardt kann sich nicht über Mangel an Zuspruch beklagen. Einige Besucher vertrauen der Kunstgewerbe-Expertin ihre "Schätzchen" gleich für Auktionen an: Hans-Walter Müller aus Hetzerath einen gewaltigen Villeroy&Boch-Bierkrug von etwa 1900; eine ältere Dame eine frühe Gallé-Jugendstil-Vase aus Nancy. Einzig Möbelfachmann Friedrich Neu-Zuber kann es etwas gemächlicher angehen lassen angesichts eines Dutzends Ratsuchender. Dennoch: Der Zuspruch hat alle Erwartungen übertroffen. Weit mehr als 250 TV-Leser wollten den kostenlosen Rat in Anspruch nehmen; aus organisatorischen und Abwägungs-Gründen kam in Runde eins etwa jeder Vierte in den Genuss einer Einladung. Eine Wiederholung ist beschlossene Sache."Fortbildung" für die Van-Ham-Experten

Reinhard Singer rechnet mit einem Termin "zwischen Mitte Oktober und Anfang September". Das Haus Van Ham, das in Konkurrenz zu Sotheby's und Christie's steht, sieht Kunstschätz-Aktion nicht nur unter dem Aspekt der Kundengewinnung, sondern auch als "Fortbildungs-Veranstaltung". "Es ist für uns wichtig, so viel wie möglich zu sehen. Wir lernen nie aus", sagt der ehemalige Museums-Mitarbeiter Singer.

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