"Sie warfen Akten und Tische aus dem Amt"

TRABEN-TRARBACH. (red) Zum Auftakt der winterlichen Vortragsreihe des Arbeitskreises für Heimatkunde Traben-Trarbach wird am kommenden Dienstag an die dramatischen Ereignisse vor 80 Jahren erinnert. Christof Krieger gibt Einblick in Vorgeschichte und Verlauf des legendären Bernkasteler "Winzersturmes" vom 25. Februar 1926 und präsentiert neue Forschungsergebnisse zu den Folgen der Protestaktion.

Wenn es denn in den kurzen, krisengeschüttelten Jahren der Weimarer Republik je ein Ereignis gegeben hat, das das Weinbaugebiet der Mosel der fernen Reichsregierung in Berlin - und mit ihr der gesamten Bevölkerung des Deutschen Reiches - schlagartig ins Bewusstsein rief, dann war es zweifellos die als "Bernkasteler Winzersturm" bekannt gewordene Verzweiflungstat vom 25. Februar 1926. An diesem Tag geriet eine Protestkundgebung von etwa 2500 Winzern, die einem Aufruf der Zentrumspartei nach Bernkastel-Kues gefolgt waren, urplötzlich außer Kontrolle, und "ohne Besinnung und ohne vorgefasste Absicht" ließen allein die Not und mehr noch die Erbitterung über die Tatenlosigkeit der Regierung und die Rücksichtslosigkeit ihrer Steuerbeamten die Versammelten blindwütig zum Mittel der Gewalt greifen. Die daraufhin erfolgte Verwüstung des Finanzamtes, der Finanzkasse und des Zollamtes in Bernkastel-Kues wurde bereits von den damaligen Zeitgenossen als Menetekel der in den 1920er-Jahren herrschenden Winzernot an der Mosel betrachtet. Mit dem Roman "Die goldenen Berge" der Erfolgsautorin Clara Viebig haben sie bald darauf sogar Eingang in die Literatur gefunden. Obwohl die Bernkasteler Ereignisse darüber hinaus Gegenstand zahlreicher, insbesondere auch regionalgeschichtlicher Darstellungen geworden sind, gibt es für die historische Forschung bis heute noch einige durchaus interessante und bislang wenig beachtete Zusammenhänge zu entdecken, glaubt Christof Krieger. "Vor allem die tief greifenden politischen Folgen des Winzersturmes, die weit über die unmittelbar darauf erfolgte Abschaffung der Weinsteuer hinausgingen, sind bis heute in ihrer tatsächlichen Tragweite noch keineswegs vollständig aufgearbeitet", erklärt der Leiter des Mittelmosel-Museums in Traben-Trarbach. Krieger ist im Zuge seiner Doktorarbeit zum Thema der nationalsozialistischen Weinbaupolitik - die er in den kommenden Monaten abzuschließen hofft - vor allem im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin auf einige durchaus aufschlussreiche und bislang unveröffentlichte Akten gestoßen, die er an diesem Abend vorstellen will. "Dass etwa unmittelbar unter dem Eindruck der Bernkasteler Ereignisse ein so genannter ,Reichsausschuss für Weinpropaganda' ins Leben gerufen wurde, der daraufhin mit Millionensummen Werbung für deutschen Wein machte, ist so gut wie in Vergessenheit geraten", berichtet der junge Historiker und fügt lächelnd hinzu: "Die Ironie dabei war nur, dass ausgerechnet die nach dem Bernkastelker Winzersturm verusachte Abschaffung der Weinsteuer den Geldhahn für diese an sich erfolgreiche Werbemaßnahme abdrehte..." Der Vortrag findet am Dienstag, 17. Januar, um 19.30 Uhr, im Stadthaus "Alter Bahnhof" in Traben statt. Eintritt frei.

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