Von der Uniprüfung zum Weltrekord

Kinheim · Sie ist gertenschlank bis zur Taille, gleichzeitig wohl gerundet und hat schon über 40 Länder der Welt bereist. Jüngst hat sie mit ihrem 288. Flug die Eine-Million-Flugkilometer-Marke geknackt. Die Rede ist von "Sucellus", einer Flasche "Mosel-Sherry". Der Kinheimer Wilhelm Rieth steht mit ihr im nationalen Guinness-Buch der Rekorde und will 2013 ins internationale.

 Immer gut verpackt: Wilhelm Rieth passt auf seine erste Flasche bestens auf. TV-Foto: Claudia Szellas

Immer gut verpackt: Wilhelm Rieth passt auf seine erste Flasche bestens auf. TV-Foto: Claudia Szellas

Kinheim. Der Lebensmittelchemiker Wilhelm Rieth kam zufällig auf die Produktion eines "Mosel-Sherry", der offiziell nur Wein-Aperitif betitelt werden darf. "Mein Prüfer an der Uni wollte wissen, was man mit Moselwein so alles machen kann", erinnert sich Rieth.
Geheime Herstellungsmethode


Als Chemiker und Analytiker mit technischer Ausbildung kreierte er daraufhin "mal schnell einen neuen Weintyp, den der Prüfer als Mosel-Sherry betitelte." Es sollte nicht bei der bloßen Idee bleiben: Der Kinheimer holte aus seinen Weinbergen die Trauben, ließ sie vergären und setzte danach das "riethsche" Verfahren zur Produktion des "moselartigen Sherrys" ein. Wie es funktioniert, will er nicht verraten.
"Normalerweise reift ein Aperitif bis zu fünf Jahre. Bei meinem selbst entwickelten Verfahren dauert es ein Jahr." Mit seiner "Sucellusierung" machte sich Rieth 1987 an die erste Abfüllung. "Der Zufall wollte es, dass damals in Kinheim bei Ausgrabungen eine Statue des keltischen Weingotts Sucellus gefunden wurde." Mit ihm war der Name des neu entwickelten Trunks gefunden.
Eigener Reisepass


Rieth ist beruflich viel unterwegs. Er überwacht als Lebensmittelchemiker die Produktion von Fruchtsäften in der ganzen Welt. Mit ihm reist Sucellus. Die Flasche hat einen eigenen Wein-Reisepass. "Ich habe ein Foto machen, einen Pass herstellen lassen und bin damit zum Amt gegangen." Kinheims Bürgermeister Willy Mathy bewies Humor und machte den Pass mit Stempel und Unterschrift quasi "offiziell". Name: Sucellus, Vorname: Likörwein.
Mathy erinnert sich: "Ich dachte, der Willi macht einen Witz, als er mit dem Dokument kam! ‚Soll ich da noch was reinschreiben?\', habe ich gefragt", berichtet Mathy. Mit genau dieser Bemerkung wurde die Idee geboren, die die Flasche später als weit gereisteste ins Guiness-Buch brachte.
Stempel und Briefmarken


Von nun an ließ sich der Chemiker in jedem Land die Anwesenheit seines Sucellus schriftlich bestätigen. Die Flasche sammelte in zwei Pässen Stempel, Briefmarken und Widmungen. Als Fotomodell hat die "rustikal antikgrüne Flasche mit Tellerrandmündung" etwa vor dem Kolosseum in Rom, auf der Chinesischen Mauer oder am Kap der guten Hoffnung in Südafrika posiert.
Der Besitzer der Flasche will 2013 mit den gesammelten Flugmeilen und besuchten Ländern in die internationale Guiness-Ausgabe. Dafür hat er sich schon angemeldet, jetzt muss er bis April die entsprechenden Nachweise erbringen.
Da es über die Flasche eine Menge zu berichten gibt, will ihr Produzent ein Buch auf den Markt bringen. "Wein kennt keinen Jetlag" ist der Titel des Manuskripts, verrät Rieth.
Analyse der Inhaltsstoffe


Zudem möchte er herausfinden, ob sich die Inhaltsstoffe der ersten Flasche durchs Fliegen verändert haben. "Aber nur, wenn es ein Gerät gibt, das den Inhalt von außen scannen und analysieren kann." Klar, schließlich ist die erste Flasche ungeöffnet.
Was passiert, wenn die Flasche einmal zerbrechen sollte? "Dann ist die Geschichte beendet", sagt Rieth. Bis dahin setzt er alles an die Erhaltung des Archetyps und wird künftig noch eine Menge zu erzählen haben.

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