Heimat Moselwein in Hamburgs Unterwelt

Bernkastel-Kues · Vor 190 Jahren wurde das frühere Hamburger Weinhaus C.C.F. Fischer gegründet. Die seinerzeit älteste Weinhandlung der Elbmetropole betrieb einst eine Zweigniederlassung an der Mosel.

 Das ehemalige Weinhaus Gebr. Leutzgen am Bernkasteler Gestade beherbergte einen Zweigbetrieb der Hamburger Weingroßhandlung C.C.F. Fischer.

Das ehemalige Weinhaus Gebr. Leutzgen am Bernkasteler Gestade beherbergte einen Zweigbetrieb der Hamburger Weingroßhandlung C.C.F. Fischer.

Foto: TV/Markus Philipps

„Wer froher Stimmung möchte sein, der trinke C.C.F. Fischer-Wein“. Unter diesem Slogan vermarktete die ehemalige Weingroßhandlung der Hamburger Kaufmannsfamilie Carl Christian Friedrich Fischer ausgewählte Rebensäfte aus aller Welt. Zur beständigen Tradition des Unternehmens gehörte insbesondere der Exporthandel mit deutschen Weinen, darunter Rieslinge aus der Rhein- und Moselregion.

Die Anfänge des aus dem Gründungsjahr 1828 stammenden Weinhandelshauses reichen zurück bis 1728. Ab Mitte der 1920er Jahre pachtete der Betrieb die unterirdischen Backsteingewölbe der Hamburger St.-Nikolai-Kirche, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. In den 1300 Quadratmeter großen Katakomben des Gotteshauses lagerten zu Glanzzeiten etwa 650 000 Weinflaschen sowie Weinfässer  mit einer Kapazität von 250 000 Litern. Zum breitgefächerten Angebot der Kellerei zählten überdies Sekt, Cognac, Sherry und Madeira. Der seit 1922 tätige Gesellschafter und Firmeninhaber Johannes Carstens (1896-1969) pflegte stets enge Beziehungen zum Weinbau und -handel des Mosellandes. Von dort bezog sein Unternehmen verschiedene Qualitätsrieslinge aus bedeutenden Weinlagen wie dem legendären „Bernkasteler Doctor“.

Als der Hamburger Weinkeller im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges stark zerstört wurde, kam der Betrieb 1944 vorübergehend zum Erliegen. In der Nachkriegszeit erfolgte die Wiederaufnahme der Geschäfte im unzerstörten Teil des historischen Gewölbes. Die Beseitigung sämtlicher Schäden zog sich über mehrere Jahre hin. Bei der großen Sturmflut von 1962 wurde das riesige Lager erneut in Mitleidenschaft gezogen. Doch die Firma überstand auch diese katastrophale Situation.

Um 1965 richtete C.C.F. Fischer eine Zweigniederlassung an der Mittelmosel ein. Diese befand sich im früheren Weinhaus der Gebrüder Leutzgen in Bernkastel-Kues. Daneben übernahm das Unternehmen die seinerzeit ebenfalls am Bernkasteler Gestade ansässige Weinbau- und Handelsfirma Jos. Philipps-Kochan. Der Traditionsbetrieb wurde 1868 vom Graacher Kaufmann und Gasthausbesitzer Josef Philipps (1835-1905) gegründet. Die hochwertigen Eigenprodukte der Zweigfirma wurden vor allem  aus Reben namhafter Weinlagen der Anbauregionen Mosel, Pfalz und Rheinhessen produziert. Im Verlauf der 1970er Jahre erfolgte die Verlagerung des Betriebes nach Neustadt an der Weinstraße.

In den 1980er Jahren machte die Hamburger Stammfirma ihren geschichtsträchtigen Weinkeller erstmals dem Publikumsverkehr zugänglich.

Ein kleines Weinmuseum mit zahlreichen Exponaten zur Weinherstellung, darunter  eine historische Holzweinkelter von 1821, stand zahlreichen Gäste zum Informieren offen. Darüber hinaus fanden in der zur Probierstube umgebauten Gebein-Kammer des Mahnmals St. Nikolai ganzjährig Weinproben statt. Neben dem Versandhandel wurde nun auch ein reger Flaschenweinverkauf betrieben.

Trotz des langjährigen Erfolges neigte sich die Firmengeschichte zu Beginn des neuen Jahrtausends einem baldigen Ende entgegen. Nachdem ein Großkunde zahlungsunfähig wurde, musste das Unternehmen 2005 Konkurs anmelden. Im Juli 2006 startete der damalige Geschäftsführer und Namensrechteinhaber Wolfgang Klosterhalfen einen Online-Weinhandel. Später wurde C.C.F. Fischer vom Hanseatischen Wein- und Sektkontor (Hawesko Holding AG, Hamburg) übernommen. 2016 erfolgte die Auflösung der Hawesko-Tochterfirma C.C.F. Fischer.

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