Schule Wenn der Speicher zum Klassenzimmer wird

Neumagen-Dhron · Die Realschule plus Neumagen-Dhron hat ein großes Projekt über das jüdische Leben im Ort gemacht. In diesem Jahr sind die Schüler bei der Anne-Frank-Ausstellung in Hetzerath dabei.

 Hier stellen die Schüler der neunten Klasse auf dem Speicher ihrer Schule Demütigungen im KZ nach.

Hier stellen die Schüler der neunten Klasse auf dem Speicher ihrer Schule Demütigungen im KZ nach.

Foto: Christina Bents

() Die jüdische Synagoge und Schule des Weinortes Neumagen-Dhron haben Schüler der Realschule plus im vergangenen Jahr nachgebaut, jüdische Feste vorgestellt, Briefe von ausgewanderten Neumagener Juden ausgestellt, kleine Thora-Rollen gebastelt und das Thema Gewalt, wie sie heute erlebt wird, in Bildern gezeigt. Das ist nur ein Teil dessen, was die Schule bei ihrer Ausstellung, die im gesamten Ort verteilt war, erarbeitet hat. Dazu kamen beeindruckende Veranstaltungen, bei denen zum Beispiel Neumagener Bürger in der Kapelle des Ortes erzählt haben, wie sie die NS-Zeit erlebten.

Insgesamt haben sich 20 Lehrer mit ihren Schülern auf verschiedene Arten mit dem Thema auseinandergesetzt. Zusammengearbeitet hat die Schule mit dem Emil- Frank-Institut, der Gemeinde und dem Arbeitskreis „Juden in Neumagen“.

Jetzt, mehr als ein Jahr nach dem großen Projekt, geht es in der Schule ein wenig ruhiger zu, aber es wird immer noch deutlich mehr zum Thema Judentum, der Zeit des Nationalsozialismus, Flucht und Vertreibung sowie Menschlichkeit gelehrt, als im Lehrplan steht. Christiane Brinkert, Lehrerin für Religion, erklärt: „So ein Großprojekt wie 2017 ist nicht jedes Jahr durchführbar. Aktuell gehen wir andere Wege, das Thema den Schülern näherzubringen.“ Das ist unter anderem die Teilnahme am Anne-Frank-Projekt der Theatergruppe Hetzerath. Die neunten Klassen werden die Ausstellung, die am heutigen Mittwoch eröffnet wird, besuchen und vier Schüler werden als „Peer-Guides“, Ausstellungsbegleiter, dabei sein.

Um sich auf die Ausstellung vorzubereiten, haben die Schüler Auszüge aus dem Tagebuch der Anne Frank gelesen, Kohlebilder gezeichnet, in denen sie den Blick aus dem Hinterhaus festgehalten haben, freie Texte verfasst und sich überlegt, warum das Thema für sie heute noch aktuell ist. Im Geschichtsunterricht haben sie erarbeitet, welche Menschenrechte die Nazis den Juden genommen haben, und mithilfe des Liedtextes „Mensch“ von Herbert Grönemeyer das Thema Menschlichkeit tiefer beleuchtet. Besonders beeindruckend war für die Schüler, dass sie Szenen aus dem Leben von Anne Frank auf dem Speicher der Schule nachgestellt haben. Sowohl die Verliebtheit zwischen Anne und Peter, als auch die Entdeckung des Verstecks oder die Demütigung im KZ haben sie auf Fotos festgehalten. Eine Schülerin sagt: „Das war schon sehr bedrückend, und man konnte sich in die Situation einfühlen.“

Die Schüler sind sehr interessiert an dem Anne-Frank-Projekt, weil sie, wie sie selbst aufzählen, gegen Diskriminierung sind, sie Teil der Geschichte ist, sie wissen wollen, wie das Leben von Anne Frank war, weil sie das Buch toll finden und auch schon im Anne-Frank-Haus waren.

Neben dieser Art der Auseinandersetzung trifft sich auch der Arbeitskreis „Juden in Neumagen“ weiter mit Vertretern der Schule. Momentan will die Gruppe gemeinsam Inhalte für eine Internetseite  erarbeiten, um die Aktivitäten zu dokumentieren. Christiane Brinkert: „Es ist uns wichtig, den Kontakt zum Dorf zu haben und dass die Schule sich im Ort einbringt.“ Mechthild Kortmeier, pädagogische Koordinatorin, bekräftigt: „Für die Schüler ist das Thema interessant, weil es um Menschlichkeit geht, die jeden betrifft. Sie beschäftigen sich damit, und es wird in den Familien diskutiert.“ Für die Zukunft kann sich Christiane Brinkert vorstellen, Kooperationen mit anderen Schulen, beispielsweise der Kurfürst-Balduin Realschule plus in Wittlich, einzugehen.“

Die Ausstellung der Theatergruppe Hetzerath wird heute, 14. November, 18 Uhr, im Bürgerhaus Hetzerath eröffnet.

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