Ziegen erobern den Steilhang

REIL. Im Zuge des Strukturwandels im Weinbau entstehen immer mehr Brachflächen. Diese verbuschen und sind kein schöner Anblick in der ansonsten einmaligen Kulturlandschaft. Besser, man lässt Ziegen oder Schafe darauf weiden, wie zum Beispiel in Reil.

Wer über dem Weinort Reil durch die Lage Falklay spaziert, genießt einen grandiosen Blick ins Moseltal. Das schmucke Dorf liegt einem zu Füßen, die Mosel windet sich in einer großen Schleife, und im Hintergrund thront die Marienburg auf dem Berg. Dem aufmerksamen Beobachter fällt aber auch auf, dass inzwischen viele Weinberge nicht mehr bewirtschaftet werden und dort Hecken und Gestrüpp statt gepflegter Rebstöcke wachsen. Und gelegentlich hört der Wanderer ungewöhnliche Tierlaute aus einem der ehemaligen Weinberge, die er dort ganz und gar nicht vermutet. Ziegen fressen sich durch das Gestrüpp - ob Rebtriebe oder Brombeerhecken, die munteren Tiere putzen alles weg. Zehn Ziegen hält Oswald Nilles zur Zeit in dem ehemaligen Weinberg, den er mit einem Elektrozaun gesichert hat. Gibt's dort nichts mehr zu fressen, treibt Nilles die Ziegen in die nächste Parzelle. Die Gemeinde ist froh über diese naturgemäße Form der Landschaftspflege. 200 Hektar Weinberge besaß einst Reil und gehörte so mit Kröv und Leiwen zu den größten Weinbauorten der Mosel. Heute sind es nur noch etwa 120 Hektar, die in der Bewirtschaftung stehen. "Das ist schon ein großes Problem", sagt Ortsbürgermeister Artur Greis, der verhindern will, dass die schöne Landschaft immer mehr verbuscht. Da kommt ihm Nilles mit seinen Ziegen gerade Recht. Im Zusammenlegungsverfahren erwarb die Gemeinde rund fünf Hektar Brachflächen für Zwecke des Naturschutzes. Gefördert wurde das vom Land. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde, der Biotopbetreuung und der Kreisverwaltung wurde ein Konzept zur Nutzung der Flächen entworfen. Die Idee: Schafe oder Ziegen beweiden die Flächen und tragen dazu bei, dass sich magere Wiesenstandorte entwickeln. Somit soll ein aktiver Beitrag zur Umnutzung verbrachter Flächen und zur Offenhaltung des Moseltals geleistet werden. Für Oswald Nilles ist die Ziegenhaltung zu einem Hobby geworden. Der Schleusenbeamte restaurierte vor Jahren einmal einen alten Traktor, pflügte mit ihm einen Acker um und setzte Kartoffeln. Schnell merkte er, dass ihm die Landwirtschaft richtig Spaß macht, und er schaffte sich zunächst Schafe und später Ziegen an. Nilles entschied sich für die Rasse Burenziegen, die anspruchslos ist und sich daher bestens als "Landschaftspfleger" eignet. Der Hobbybauer belegte Lehrgänge und informierte sich in der einschlägigen Fachliteratur. Die Ziegenfütterung, Klauenpflege, die Gesunderhaltung und vieles mehr eignete sich Nilles an. Rita, Inge, Gretel, Christiane, Andrea: Jede Ziege hat einen Namen. Und weil Nilles einen Sinn für Humor hat, hat er sie nach seinen Nachbarinnen oder Bekannten benannt. Besonders hat es ihm "Goldi" angetan, ein Zicklein, das er mit der Flasche aufziehen musste. "Goldi hört besser auf mich als "Dorian" sagt Nilles. Dorian, ein stolzer Labrador-Rüde, schaut gelangweilt und scheint sich nichts daraus zu machen.

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