Unnütze Mehrkosten Nervige Bonpflicht - Wer muss die Zettel ausgeben? - Welche Konsequenzen warten bei Verstößen?

Trier · Geschäftsleute dürfen weiter alte Kassen benutzen und auf Belege verzichten. Kunden müssen Zettel nicht annehmen. Seit erstem Januar gibt es die Bonpflicht. Geschäftsleute laufen Sturm gegen die neue Regel.

 Jezebel Arnoldi vom Unverpackt-Laden in Trier blickt auf einen Wust von Belegen, die Kunden binnen drei Tagen nicht mitgenommen haben.

Jezebel Arnoldi vom Unverpackt-Laden in Trier blickt auf einen Wust von Belegen, die Kunden binnen drei Tagen nicht mitgenommen haben.

Foto: Unverpacktladen

Eigentlich geht es den Inhabern des Unverpackt-Ladens in Trier darum, Müll zu vermeiden. Deswegen verkaufen sie Lebensmittel und andere Waren ohne Verpackung, unverpackt eben. Doch seit Anfang Januar müssen die Ladenbesitzer unfreiwillig Müll produzieren, weil sie für jeden Kauf einen Kassenbon ausdrucken müssen. Seit 1. Januar gilt die sogenannte Bonpflicht. Alle Geschäfte, die computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen nutzen, müssen nach dem Kassieren einen Kassenbon ausdrucken. Die Kunden sind aber nicht verpflichtet, diesen entgegenzunehmen (siehe Extra).

Entsprechend verärgert fallen die Reaktionen der Unternehmen über das Gesetz, das bereits Ende 2016 verabschiedet wurde, aus. „Einen Nutzen erkennen die Betriebe nicht, sie fühlen sich vom Staat gegängelt“, sagt Constanze Knaack-Schweigstill, Sprecherin der Handwerkskammer (HWK) Trier. Die Unternehmen empfänden die Kontrollwut des Staates als Misstrauen in ihre Ehrlichkeit.

„Die Betriebe müssen sich heute schon mit zu vielen bürokratischen Auflagen herumschlagen. Mit der Bonpflicht kommt eine neue Auflage hinzu, die zu erheblichen Mehrkosten führt. Die Kassenzettel verursachen unnötige Müllberge“, so die HWK-Sprecherin. Die Kammer schlägt vor, bei Betrieben mit fälschungssicheren Kassen auf die Bonpflicht zu verzichten.

Auch die Apotheker laufen Sturm gegen die Regelung. Sie haben eine Petition beim Bundestag angekündigt. Der Verein Freie Apothekerschaft wehrt sich dagegen, „mit Steuerbetrügern in einen Topf geworfen zu werden“. „Die Bevölkerung wird durch die Bonpflicht als Finanzkontrolleur missbraucht“, sagt Reinhard Rokitta, Vorstand des Vereins. Er hofft, dass auch der Einzelhandel die Petition unterstützt und so innerhalb von vier Wochen die 50 000 Unterstützer erreicht werden, die notwendig sind, um das Thema im Petitionsausschuss des Bundestags zu debattieren.

Doch was droht Unternehmen, die keinen Bon ausdrucken? „Ein Verstoß gegen die Belegausgabepflicht ist weder straf- noch bußgeldbewährt“, sagt dazu eine Sprecherin des rheinland-pfälzischen Finanzministeriums. Auch seien die Finanzämter im Land nicht angewiesen worden, Extra-Kontrollen zur Einhaltung der Bonpflicht durchzuführen.

Deren Überprüfung erfolge im Rahmen der üblichen Kassen-Nachschau, die die Behörden seit 2018 regelmäßig durchführten, sagt die Ministeriumssprecherin. „Es ist nicht vorgesehen, dass Finanzbeamte jetzt losziehen und im Außendienst Einzelhändler kontrollieren“, sagt auch Thomas Eigenthaler, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft. Allerdings könne, ein Verstoß gegen die Bonpflicht zum Anlass einer „weiteren Prüfung“ genommen werden, ob die Kassenführung im Übrigen ordnungsgemäß erfolgt sei und auch die Umsätze tatsächlich erfasst würden, sagt die Sprecherin des Mainzer Finanzministeriums.

Außerdem betreffe die Bonpflicht gar nicht jedes Geschäft, sondern nur die, die ein elektronisches oder computergestütztes Kassensystem oder eine Registrierkasse einsetzten. Eine sogenannte offene Ladenkasse sei weiter zulässig, heißt es aus dem Ministerium. In diesen Fällen müssten keine Bons oder vergleichbare Belege ausgehändigt werden. Das betreffe etwa Marktleute. Verwendeten diese bislang keine Registrierkasse, müssten sie auch keinen Kassenbeleg herausgeben.

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