Pflege Neues Gesetz: Neuwahl der Pflegekammer vorerst ausgesetzt

Trier · Auf den ersten Blick wird nicht ersichtlich was sich hinter dem Tagesordnungspunkt verbirgt. „Landesgesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes“ lautete die sperrige Überschrift über einem Thema, über das der Landrat gestern debattiert hat.

In dem von CDU, SPD, FDP und Grünen vorgelegten Gesetzentwurf geht es darum, die Amtszeit der gewählten Gremien der Heilberufe-Kammern bis 31. Dezember 2021 zu verlängern. Hintergrund der fraktionsübergreifenden Initiative ist die Corona-Pandemie. Dadurch könne die „ordnungsgemäße Durchführung der Wahl neuer Kammerorgane“ nicht sichergestellt werden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes.

Betroffen von der Neuregelung sind alle Kammern in Rheinland-Pfalz, die Heilberufe vertreten, also Ärztekammer, Zahnärztekammer, Psychotherapeutenkammer und auch die Pflegekammer. Und genau dort regt sich heftiger Protest gegen die Entscheidung, die Wahl der Vertreterversammlung erneut zu verschieben. Ursprünglich war dieses für November diesen Jahres geplant. Aufgrund der Pandemie wurde der Termin dann zunächst auf April 2021 verschoben. „Wir befürchten, dass bei Beibehaltung des jetzigen Wahltermins, insbesondere die Pflegefachpersonen aus der ambulanten Pflege und der stationären Altenpflege, aufgrund der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie erheblich benachteiligt wären“, begründet Benjamin Henze, Sprecher der Landespflegekammer, warum der Vorstand die Gesetzesinitiative begrüßt. Würde an dem Wahltermin festgehalten, würde vor allem die in Krankenhäusern angestellten Pfleger davon profitieren, da diese vor Ort ihre Stimme abgeben könnten. „Dies kann nicht unsere Unterstützung finden“, sagt Henze. Außerdem erinnert er an „die systemrelevante Rolle unseres Berufsstandes“. „Wir können es nicht riskieren, mitten in drohenden Infektionswellen, die Berufsangehörigen und auch die zu Versorgenden, einem unnötigen Risiko auszusetzen.“

Es gebe keinen erkennbaren Grund eine demokratische Wahl zu verschieben, kontert Michael Quetting, Pflegebeauftragter bei der Gewerkschaft Verdi Rheinland-Pfalz/Saarland. Das sei „außerordentlich problematisch, da die Unzufriedenheit der Pflegekräfte mit der aktuellen Lage in den Betrieben sehr angespannt ist.“ Er spricht damit auf das Ausbleiben des versprochenen Pflegebonus für Krankenpfleger an. Und nach dem Beifallklatschen der Bevölkerung und der Politiker zu Beginn der Pandemie habe sich an der Arbeitssituation der Pfleger nichts verbessert. „Außer einem Lavendeltopf in Mainz haben sie nichts bekommen.“ Gemeint ist damit die verunglückte Aktion von Wissenschaftsstaatssekretär Denis Alt. Ende Juni dankte er im Namen der Landesregierung mit einem „bienenfreundlichen Lavendel-Strauch“ der Universitätsmedizin Mainz für ihren Einsatz in der Corona-Pandemie. Dafür hagelte es dann wochenlang Kritik.

Viele Pfleger seien aber nicht nur mit der Politik unzufrieden, sondern auch mit der Arbeit der Pflegekammer. Insbesondere die im Januar veröffentlichte Berufsordnung stoße auf heftige Kritik. Die Kammer hatte im vergangenen Jahr als erste bundesweit eine Berufsordnung für Pflegekräfte verabschiedet. Das verbundene Ziel damit soll sein, wie Kammerpräsident Markus Mai im Januar verkündete, dass Pfleger ihr Berufsbild selbst definieren und festlegen, welche Bereiche durch den Pflegeberuf abgedeckt werden“.Quetting spricht von einer mit der Berufsordnung verbundenen Gängelung. Eine Änderung der Ordnung sei aber nur mit einer anderen Mehrheit in der Vertreterversammlung der Kammer möglich. Und die wird es nicht geben, solange keine Wahl stattfindet. „Man kann nicht einfach demokratische Rechte auf Jahre hinaus wegen der Corona-Pandemie außer Kraft setzen“, kritisiert der Gewerkschafter, der darauf verweist, dass trotz allem im kommenden Jahr Landtags- und Bundestagswahlen stattfinden werden. Kritiker der Aussetzung der Kammerwahl rufen im Internet dazu auf, dagegen zu protestieren. Bis gestern Nachmittag hatten bereits fast 500 eine entsprechende Petition unterschrieben.

Aus Sicht der vier Landtagsfraktionen, die den Gesetzentwurf eingebracht haben, gibt es dazu keine Alternative. Bislang darf die Amtszeit von Kammerorganen nur um maximal drei Monate verlängert werden. Diese Grenze wäre mit der ursprünglich für April geplanten Wahl der Vertreterversammlung erreicht. Um die Handlungsfähigkeit des Gremiums zu gewährleisten, müsse dessen Amtszeit von Gesetz wegen verlängert werden.

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