Nürburgring-Affäre: Wirbel um CDU-Mann Billen

Mainz · Der Eifeler CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen, ein scharfer Kritiker der Landesregierung in der Nürburgring-Affäre, steht selbst im Kreuzfeuer: Seine Tochter hat eingeräumt, polizeiliche Informationen rechtswidrig beschafft zu haben, die er „abgegriffen“ hat.

(fcg) Großer Medienrummel in Mainz: Nach einer Pressemitteilung des Innenministeriums unter dem Titel „Weitergabe von Dienstgeheimnissen bei der Polizei aufgeklärt“ nimmt eine Affäre in der Affäre ihren Lauf. Um 15.30 Uhr tritt Michael Billen vor die Presse und erklärt: „Meine Tochter und ich haben große Fehler gemacht.“ Die Kommissarin bei der Polizeiinspektion Landau habe „aus Neugier“ die Namen von Geschäftsleuten, die im Rahmen der Nürburgring-Affäre in der Zeitung gestanden hätten, in das Polizeiliche Informationssystem (Polis) eingegeben, die Daten ausgedruckt und mit nach Hause genommen. Während eines Besuches bei ihr habe er in den Unterlagen gewühlt und Papiere an sich genommen. Er habe keine vertraulichen Informationen an die Presse weitergegeben.

Mit brüchiger Stimme erklärt Billen: „Ich sage Ihnen als Vater: Mir tut es unendlich leid, dass meine Tochter und meine Familie da reingezogen werden. Das ist schwer zu ertragen.“ Er habe die Wahrheit wissen wollen. Innenminister Karl Peter Bruch und Innen-Staatssekretär Roger Lewentz (beide SPD) hätten zuvor in der Frage von polizeilichen Eintragungen der am Nürburgring involvierten Geschäftsleute „die Öffentlichkeit getäuscht oder belogen“. Er habe ein Strohbündel angezündet, „aber die, die ein Hochhaus angezündet haben, klagen nun“.

SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff wirft Billen vor, „kriminelle Energie aufgewendet zu haben, um andere zu belasten“. Das sei ein Skandal und „einmalig in der Geschichte des Parlamentes“. Der Vorfall müsse Konsequenzen haben, die CDU sich davon distanzieren. Billen dürfe am Donnerstag nicht die Sitzung des Wirtschaftsausschusses leiten. Auch über seinen Ausschluss aus dem Ring-Untersuchungsausschuss sowie über weitere Ermittlungen, in deren Rahmen die Immunität des Abgeordneten möglicherweise aufzuheben sei, müsse nachgedacht werden.

Meinung

Verbales Gemetzel

Von Rolf Seydewitz – Auch wenn es der rheinland-pfälzische SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff gestern artig dementierte: Der in der Nürburgring-Affäre seit Monaten unter Beschuss stehenden Regierungspartei konnte nichts Besseres passieren, als der von dem Eifeler Christdemokraten Michael Billen selbst eingeräumte Fehltritt. Für die Sozialdemokraten eine mehr als willkommene Gelegenheit, aus der zwangsweisen Defensive zu treten und endlich mal wieder in das Horn Attacke blasen zu können. Dass sie dies nun besonders laut machen, ist nach den vergangenen Verbal-Angriffen der Opposition nur zu verständlich. Gleichgültig, wie die wohl nicht nur von der Tochter Billens abgefragten internen Polizeidaten an den Vater gelangt sind, gilt: Es war absehbar, dass das rheinland-pfälzische Innenministerium alles daran setzen würde, mögliche Maulwürfe zu finden.

Michael Billens Tochter, eine Polizistin, könnte die Angelegenheit den Job kosten. Das ist wohl der Hauptgrund, warum der Kaschenbacher gestern vor die Presse trat und alle Schuld auf sich nahm. Das ist mannhaft, aber auch typisch Michael Billen. Die Frage ist nur, ob es seiner Tochter helfen wird.

Die CDU ließ in Sachen Nürburgring-Aufklärung in der Vergangenheit keine Gnade walten. Die regierende SPD wird es im Fall Billen daher auch nicht tun. Dafür sind derzeit die Fronten einfach zu verhärtet. Wahrscheinlich sogar zu verhärtet, um in der Nürburgring-Affäre echte Aufklärung zu erwarten. Dabei ist gerade das der eigentliche Sinn des laufenden Untersuchungsausschusses, in dem auch Billen sitzt.

Statt dessen verkommt der Ausschuss immer mehr zu einem Tribunal, bei dem sich Opposition und Regierung gegenseitig fragwürdige, illegale oder gar kriminelle Methoden unterstellen.

Die Öffentlichkeit, die ein Recht auf Aufklärung hat, wird das nicht goutieren. Auch das sollten die Politiker bei ihrem derzeitigen verbalen Gemetzel bedenken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Zum Thema
Aus dem Ressort