Aus dem Archiv Physiklehrer verzweifelt gesucht: Eltern sauer, weil Unterricht ausfällt

Trier · Das Bildungsministerium spricht von Einzelfällen. Alle Stellen seien besetzt. Der Philologenverband sieht eine katastrophale Situation. Rentner-Lehrer unterrichten Schüler.

Aus dem Archiv: Physiklehrer verzweifelt gesucht: Eltern sauer, weil Unterricht ausfällt
Foto: picture alliance / Caroline Seid/Caroline Seidel

Es gibt nicht ausreichend Physik-, Chemie- und Informatiklehrer im Land. Auch bei Kunst, Musik und Französisch gibt es laut des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums einen Lehrermangel. Die Folgen: Stunden fallen aus oder Fächer wie Physik, Chemie und Biologie werden zusammengelegt, in dem Fall zu NaWi, das in der fünften und sechsten Klasse und zum Teil auch in der Mittelstufe in Gesamtschulen unterrichtet wird.

Die Schulen in der Region hätten so gut wie keine Informatiklehrer und kaum Physiklehrer, sagt Reiner Schladweiler, Vorsitzender des Regionalelternbeirats. Allerdings gebe es zumeist ausreichend Biologielehrer. Das führe dann an einigen Schulen dazu, dass statt zwei Stunden Physik eben zwei Stunden Biologie unterrichtet würden. Das wiederum habe zur Folge, dass die Schüler das Interesse an Physik verlieren würden – dadurch wiederum gingen zukünftige Physiklehrer verloren.

Im Bildungsministerium spricht man von „Einzelfällen“, in denen nicht alle vorgesehenen Wochenstunden in Fächern unterrichtet werden könnten, weil Lehrer zum Beispiel für Physik fehlten. In solchen Fällen werde der Physikunterricht im ersten Halbjahr durch Chemie ersetzt. Im nächsten Halbjahr hätten die Schüler dann weniger Stunden in Chemie, dafür mehr in Physik. Trotz des Mangels seien aber alle Planstellen in den Schulen besetzt (zu Beginn des nun zu Ende gehenden Schuljahrs seien 1000 zusätzliche Lehrer eingestellt worden), und der Pflichtunterricht sei sichergestellt, sagt der Ministeriumssprecher.

Die Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Cornelia Schwartz, bezeichnet die Situation bei den Naturwissenschaften als „dramatisch“. Durch die Zusammenlegung zum Fach NaWi werde mindestens ein Teil des Unterrichts fachfremd unterrichtet, da kaum ein Lehrer Physik, Chemie und Biologie studiert habe. Der Verband, der die Interessen der Gymnasiallehrer vertritt, fordert, dass alle drei Naturwissenschaften wieder einzeln auch in der fünften und sechsten Klasse unterrichtet werden.

Es sei seit Jahren schwierig, Fachlehrer für die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu finden, sagt ein Sprecher des Bildungsministeriums. „Wir werben deshalb verstärkt für den Lehrerberuf und stellen dabei auch die guten Arbeitsbedingungen und durchaus attraktiven Gehälter dar.“

Klaus-Peter Hammer, Landesvorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW, verweist darauf, dass vereinzelt Lehrer, die eigentlich in den Ruhestand gehen sollen, ihre Dienstzeit verlängerten, um fehlende Lehrer zu ersetzen. Laut einer Antwort der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) auf eine Landtagsanfrage der CDU haben im Schuljahr 2017/18 insgesamt 13 Lehrer den Beginn ihres Ruhestands hinausgeschoben und weiter unterrichtet.

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