Preiswerter Wohnraum wird in Trier immer knapper
Trier · Der ohnehin angespannte Wohnungsmarkt in Trier wird in den nächsten Jahren für Menschen mit geringem Einkommen noch schwieriger. Für viele Sozialwohnungen läuft die Mietpreis-Bindung aus. So wie in der Kloschinsky-Straße in Trier-Nord.
Das Schreiben, das im November rund 60 Mietparteien in den Wohnanlagen in der Nähe des Moselstadions zuging, sorgte für reichlich Wallung. "Angebot zur freiwilligen Mietzinsanpassung" war es überschrieben, und es enthielt in freundlichem, aber entschiedenem Ton den Hinweis, der Eigentümer Trihaus GmbH wolle die teilweise seit 15 Jahren konstante monatliche Kaltmiete um bis zu 20 Prozent erhöhen.
Hintergrund: Das Wohnungsbau-Unternehmen hatte die Wohnblocks Anfang 2009 dem bisherigen Eigentümer, einer Ärzte-Organisation, abgekauft. Die hatte seinerzeit mit finanzieller Unterstützung der öffentlichen Hand in den sozialen Wohnungsbau investiert. Im Gegenzug war eine "Kostenmiete" vorgegeben, die nur begrenzt Erhöhungen zuließ.
Wohnungskauf für viele Mieter eher utopisch
Doch diese "Mietpreis-Bindung" ist abgelaufen, und der neue Eigentümer will nun "ortsübliche Mieten" kassieren - durchaus legitim, wenn man sich an den städtischen Mietspiegel hält. Bei den betroffenen Mietern gingen dennoch die Wogen hoch, mancher fühlte sich unter Druck gesetzt. Zumal Trihaus in seinem Schreiben darauf verwiesen hatte, "dass wir die Wohnungen verkaufen wollen und Sie als Mieter ein Vorkaufsrecht haben".
Für viele Betroffene in der durchaus attraktiven, zentrumsnahen Lage eher eine utopische Alternative. Die meisten, die hier wohnen, verfügen nach Einschätzung des Leiters des städtischen Wohnungsamtes, Hans-Werner Meyer, über ein Einkommen, das ihnen keine großen Sprünge wie einen Wohnungskauf erlaubt. Andererseits ist es aber nicht so niedrig, dass sie bei einer Mieterhöhung in den Genuss von Wohngeld kämen.
Eine schwierige Situation, wie auch bei einer gut besuchten Mieter-Veranstaltung der SPD deutlich wurde. Da entlud sich mächtiger Unmut über die "unsoziale Entwicklung" und die "Profitgier".
Aber schon da wurde erkennbar, dass selbst der Trierer Mieterverein, den viele zwecks Beratung eingeschaltet hatten, den Anspruch des neuen Eigentümers auf angemessene Mieterhöhungen nicht grundsätzlich infrage stellte. "Wir haben von Klagen abgeraten", sagt Expertin Anita Merten-Traut, "und lieber auf Vergleiche gesetzt". Die Trihaus habe sich ihrerseits bewegt und neue Angebote unterbreitet.
Das Resultat: "Es gibt Einigungen in fast allen Fällen", meldet Trihaus-Anwalt Ralf Glandien. Das bedeutet Ruhe an der Front, zumindest auf Zeit. Allerdings dürfte in den nächsten Jahren mit weiteren Mieterhöhungen zu rechnen sein. Und offenkundig gibt es auch ein beachtliches Interesse potenzieller externer Wohnungs-Käufer. Und die könnten nach angemessener Frist Eigenbedarf anmelden und die bisherigen Mieter verdrängen.
Für die städtischen Wohnungsplaner ein kleines Minenfeld. Denn immerhin 5400 Wohnungen, rund zwölf Prozent des Trierer Gesamtbestands, verfügen derzeit noch über eine Mietpreisbindung, die aber über kurz oder lang ausläuft. Große Leerstände als "Manövriermasse" existieren in Trier nicht. Und es werde auch auf absehbare Zeit "keine sinkende Nachfrage geben", prognostiziert der zuständige Dezernent Georg Bernarding. Der Druck bleibt also im Kessel. Und die Reaktionsmöglichkeiten der Stadt sind gering, gelten doch im Wohnungsbereich die Markt-Gesetze.
Ein gewisses Gegengewicht boten die einst 1200 städtischen Wohnungen, die man im Rahmen "sozialer Belegungsstrategien" (Meyer) vergeben konnte. Aber deren Bestand wurde auf 700 reduziert, und auch weiterhin werden Teile davon zum Verkauf angeboten. Dabei achtet man laut Bernarding darauf, dass "die Übernehmer soziale Verpflichtungen einhalten".
Die Aufsichtsbehörde ADD macht Druck, weitere Wohnungen zugunsten der maroden Stadtkasse zu versilbern. Die neue rot-grün-gelbe Mehrheitskoalition sieht das skeptisch: Sie will zunächst eine Bestands-Analyse und ein Wohnraum-Konzept, bevor weiter verkauft werden soll.
Meinung
Strategien beizeiten überlegen
Von Dieter Lintz
Man könne, sagte einst der Berliner Volksphilosoph Heinrich Zille, einen Menschen mit einer Wohnung genau so erschlagen wie mit einer Axt. Deshalb ist menschenwürdiger, bezahlbarer Wohnraum nicht nur eine Frage des Marktes, sondern auch eine öffentliche Aufgabe.
Trier ist zum Glück keine Metropole, in der "Entmietungsstrategen", Bauherrenmodell-Gewinnler und Spekulanten den Wohnungsmarkt dominieren. Aber es wird nicht leicht werden, angesichts solventer Luxemburg-Pendler, immer noch wachsender Studenten-Massen und einer zu erwartenden demografie-bedingten Landflucht dauerhaft zu verhindern, dass Menschen mit geringerem Einkommen aus ihren angestammten Wohngebieten verdrängt werden.
Die Stadt täte gut daran, die Situation sorgfältig zu analysieren und sich beizeiten Strategien zu überlegen, wie sie ihren Einfluss auf die Entwicklung wahren kann. Gefragt sind aber auch vernünftige Mieter und Eigentümer mit einem Minimum an sozialem Bewusstsein. Vielleicht ist die Kloschinsky-Straße dafür gar kein so schlechtes Beispiel.
d.lintz@volksfreund.de