Bistumsreform Willst du mit mir geh’n?

Prüm · Nächster Schritt bei der Bistumsreform: Das sogenannte Erkundungsteam stößt auf die Katholiken der künftigen Pfarrei Prüm.

 Karolingerhalle Prüm am Mittwoch: Alle auf die Bühne zum Aufbruch in die neue Großpfarrei. Dazu schickt das Bistum ein Erkundungsteam.

Karolingerhalle Prüm am Mittwoch: Alle auf die Bühne zum Aufbruch in die neue Großpfarrei. Dazu schickt das Bistum ein Erkundungsteam.

Foto: Fritz-Peter Linden

„Hin zu den Menschen.“ „Herzschläge spüren statt Takt vorgeben.“ „Vielfalt entdecken statt schwarz-weiß malen“ – das Bistum Trier hat sich allerhand Sprüche einfallen lassen, um den Katholiken seine Reform zu verabreichen und Aufbruchstimmung zu erzeugen. Und schickt jetzt zehn sogenannte Erkundungsteams in die Tiefen des pastoralen Raums. Sie sollen dort herausfinden, welche Wünsche und Anregungen die Gläubigen haben, welche Sorgen, wer sich wie engagieren kann und will.

Eins dieser Dreierteams landet am Mittwoch in der Abteistadt – und trifft dort auf die Vielfalt der Eifelschäfchen. Von den zukünftig 21 700 Katholiken in der neuen Pfarrei Prüm sind rund 60 dabei, von Bleialf bis Stadtkyll, von Schwirzheim bis Ormont. Darunter viele, die bereits jetzt, kirchen- oder ehrenamtlich, in den Pfarreien (mit-) arbeiten.

 Auch in Arbeitsgruppen wird nachgedacht.

Auch in Arbeitsgruppen wird nachgedacht.

Foto: Fritz-Peter Linden

Die Reform: An ihrem Ende werden 35 Großpfarreien übrigbleiben – statt der bisher 887. Neue Einheiten, „Pfarreien der Zukunft“, sollen entstehen, groß, weit und deutlich stärker gestaltet von engagierten Gläubigen als bisher bereits.

 Viel zu besprechen: Das Erkundungstrio des Bistums trifft auf die Katholiken in Prüm.

Viel zu besprechen: Das Erkundungstrio des Bistums trifft auf die Katholiken in Prüm.

Foto: Fritz-Peter Linden

Das blieb nicht ohne Widerstand: Im Gemeindeverband Prüm hat sich etwa die Initiative „Kirche vor Ort“ gegründet und inzwischen quer durch die Region Unterstützung erfahren (der TV berichtete).

 Viel zu besprechen: Das Erkundungstrio des Bistums trifft auf die Katholiken in Prüm.

Viel zu besprechen: Das Erkundungstrio des Bistums trifft auf die Katholiken in Prüm.

Foto: Fritz-Peter Linden

Während aber die Renegaten noch kämpfen, schickt Trier seine Teams. Nach Prüm gesandt sind Karen Alt, Erzieherin und Elternbegleiterin im Hochwald, Roland Hinzmann, Pastoralreferent in Schweich und Andreas Schäfer, Theologe und Pädagoge vom Caritasverband Trier.

 Viel zu besprechen: Das Erkundungstrio des Bistums trifft auf die Katholiken in Prüm.

Viel zu besprechen: Das Erkundungstrio des Bistums trifft auf die Katholiken in Prüm.

Foto: Fritz-Peter Linden

Sie seien gekommen, sagt Schäfer, um sich „mit den Menschen vor Ort auf den Weg zu machen“. Es gehe dabei „um die ungeschönte Wahrnehmung des Lebens, so wie es ist“. Man wolle erfahren, sagt Hinzmann, was es brauche, „damit es den Menschen besser geht“. Und die Lösung der Probleme und Nöte. sagt er, die liege „in jedem Ort drin“.

Die ungeschönte Prümer Vor-Ort-Wahrheit ist zunächst: Die Erkunder haben viel Arbeit vor der Brust. Der Enthusiasmus der Eifeler für ihre „Pfarrei der Zukunft“ muss erst noch geweckt werden. Das zeigt sich auch bei der ersten „Übung“, zu der Hinzmann eine Art Familienaufstellung auf der Bühne der Karolingerhalle inszeniert. Da ist die Gruppe derer, die sich als „Skeptiker“ einsortieren, die stärkste. Und die Teilnehmer von der Oberen Kyll stehen ein bisschen verloren da. Aber das kennen die ja schon von der Kommunalreform.

Die Erkunder halten dagegen: Die Reform, sagt Hinzmann, „das ist ein neuer Weg, das gab es noch nie, in keinem anderen Bistum.“ Und die Erkundung, das sei „eine Haltung für die Zukunft, weil die Menschen merken: Man interessiert sich für uns.“

Die Menschen in Prüm wünschen sich am Mittwoch erst einmal, so hallt es aus der Runde, „mehr Konkretes“. Und die Vertreter des Gemeindeverbands fragen sich, ob sie hier richtig sind: Das Bistum, sagt Hanni Thomas, habe dieses Treffen irgendwie anders angekündigt: Gehe es nicht darum, Anregungen und Kritik einzuholen? Nein, sagt Roland Hinzmann. Thema der Erkundung „sind nicht die Strukturen, nicht das Vermögen“ der bisherigen Pfarreien und was daraus werde (ein Hauptkritikpunkt der Prümer Initiative). Thema seien, sagt Schäfer, „die Menschen vor Ort“. Wobei, ergänzt Hinzmann, es nicht darum gehe, „nach Ihrer Gesinnung zu schauen“.

Dann kommt eine weitere Übung, diesmal in kleineren Gruppen. Hanni Thomas und seine Mitstreiter Peter Meyer und Helmut Baltes sind da aber bereits gegangen: „Was wir uns vorgestellt haben“, hatte Meyer gesagt, „findet hier nicht statt.“ Auch wenn es völlig okay sei, dass es an diesem Abend ums Pastorale gehe.

Die anderen stecken derweil Nadeln in eine Karte der neuen Pfarrei. Damit man sieht, wo sie alle herkommen. Und wo nicht. Hans Fomin aus Wallersheim stellt fest: „Es gibt Schwerpunkte.“ Genau: Prüm, Bleialf, Schönecken, Stadtkyll. Die größeren Orte.

Genau da setzt die Frage von Sandra Kribs aus Schönecken an: „Was ist mit den kleinen Dörfern, die das selber nicht mehr stemmen können?“ Den Dörfern also, in denen es keine ehrenamtliche Infrastruktur gebe wie in den größeren Gemeinden. „Werden die in Zukunft nach hinten fallen gelassen?“

Er sei nicht da, um diese Frage zu beantworten, entgegnet Andreas Schäfer. Nur, um sie mitzunehmen. Sandra Kribs aber bleibt dran: In Schönecken sehe alles ja noch gut aus, dank des großen Engagements der Bürger. Aber wer solle das auf den kleinen Dörfern leisten? „Wie viel Ehrenamt“, fragt sie, „ist uns noch zuzumuten?“

Werner Wallenfang aus Prüm sorgt sich um die Menschen auf den kleinen Dörfern, „die noch Interesse haben an Kirche“. Und befürchtet, dass sich alles künftig nur da abspielt, „wo schon Engagement ist“. Genau diesen Spagat gelte es zu bewältigen, sagt Katharina Scheer, die für die Kreisverwaltung den Zukunfts-Check Dorf betreut.

Hilft alles nichts, findet Theo Kewes aus Schwirzheim. „Wir können nicht in jedem kleinen Ort den Kirchturm hochhalten.“ Dann müsse man über Fahrdienste reden. „Ich sehe da keine Zukunft, wenn man sagt: ,Es muss alles beim Alten bleiben.’“

Da klingt er schon fast wie Bischof Stephan Ackermann, der ja genau wegen dieser Erkenntnis die Reform angestoßen hat. Jetzt liegt es an den Gläubigen, die Sache zu gestalten.

Nur wie? Petra Schweisthal, Pastoralreferentin im Dekanat St. Willibrord, zitiert in der Pause Ackermanns Vor-Vorgänger Hermann Josef Spital: Wenn der bei einer Versammlung darauf angesprochen worden sei, was man denn in den Pfarreien so alles machen dürfe und was nicht, habe er geantwortet: „Ihr müsst nicht immer so viel fragen.“

Am Ende sollen sich die Teilnehmer melden, die das Erkundungsteam in der weiteren Arbeit unterstützen wollen. Es braucht ein bisschen Überredung. Aber Roland Hinzmann kriegt sie dann doch: Eine ganze Reihe von Besuchern trägt sich in die Liste ein. Auch Bettina Görres aus Ormont: „Weil von den anderen der Wunsch kam, die Ecke hier oben kennenzulernen.“ Und deshalb stelle sie sich zur Verfügung, um Kontakte herzustellen.

Und wie fand sie den Abend? „Den Ansatz fand ich gut.“ Viele aber seien mit falschen Erwartungen gekommen. Ihr Fazit: „In der Sache werden wir nichts mehr ändern. Es geht nur noch um das Wie.“ Die Arbeit, sagt sie, „fängt jetzt erst an“.

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