Danke, wir brauchen nichts - VG Prüm muss für ihre Investitionen kein Geld leihen

Prüm · Die Verbandsgemeinde Prüm muss sich für ihre aktuellen Vorhaben nirgendwo Geld leihen. Einer im Rat stimmt dennoch gegen den Haushalt.

 Eine feste Finanzburg: das Rathaus der Verbandsgemeinde Prüm. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Eine feste Finanzburg: das Rathaus der Verbandsgemeinde Prüm. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Foto: (e_pruem )

Beginnen wir doch mit einem kleinen Jubiläum, auf das in der Ratssitzung am Dienstagabend allerdings niemand eingeht: Seit zehn Jahren muss sich die Verbandsgemeinde (VG) Prüm für ihre Investitionen kein Geld leihen. Auch für 2017 steht unter dem Punkt "Gesamtbetrag der vorgesehenen Kredite" eine schöne, entspannte Null. Heißt: Sie bezahlen alles, was sie dieses Jahr machen wollen, selbst.
Einer der Gründe, warum Bürgermeister Aloysius Söhngen (CDU) sagt, man könne "wirklich mit Zuversicht in die Zukunft blicken, trotz aller weltpolitischen Entwicklungen", als er den Haushalt für 2017 vorstellt.

Warum geht es der VG so gut? Das liegt einerseits, der Bürgermeister betont das, an den üppigen Einnahmen vor allem bei der Gewerbesteuer - allein dadurch hat sich die Finanzkraft der Stadt und der 43 Dörfer voriges Jahr um rund 2,5 Millionen Euro verbessert. Die Gemeinden geben davon 29 Prozent als Umlage an die VG ab - der niedrigste Satz weit und breit. Dennoch kassiert die VG dank der starken wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt 6,84 Millionen - rund 700 000 Euro mehr als im Jahr davor.

Zweiter Grund - und Söhngen bekennt, darauf "nicht ganz unstolz" zu sein: Die Verwaltung arbeite sparsam. In der Kommune leben derzeit 21 500 Menschen, im Rathaus arbeiten 60 - das macht umgerechnet 3,4 Mitarbeiter pro 1000 Bürger. Der Landesdurchschnitt liege bei 4,2.
Trotzdem sind die Personalkosten mit 4,7 Millionen Euro der größte Posten im Zwölf-Millionen-Haushalt. Dass es nicht noch mehr sei, liege aber auch daran, dass in der VG so viele Menschen ehrenamtliche Arbeit leisten, sagt Söhngen.

Der Schuldenstand wird stetig verringert: Seit 2012, damals waren es 3,3 Millionen Euro, hat die VG ihre Verbindlichkeiten auf aktuell 2,01 Millionen reduziert. 2017 trägt man eine weitere Viertelmillion ab, am Jahresende werden es dann noch 1,75 Millionen sein.
Und was macht die VG mit all dem schönen Geld? Dieses Jahr wird davon etwa eine Million ausgegeben, das Meiste geht in die Ausstattung der Feuerwehren: Feuerscheid erhält ein neues Gerätehaus (160 000 Euro), die Bleialfer Wehr einen neuen Wagen (250 000 Euro), die Prümer Feuerwache wird ausgebaut (100 000 Euro). Weiteres Geld geht in den Ausbau der Bertrada-Grundschule Prüm: Dort soll für 150 000 Euro eine Mensa angebaut werden, die gleiche Summe verbaut man am Nimstal-Radweg in Höhe von Baselt.

Bevor aber Jubel über die erfreuliche Gesamtlage aufbrandet, spricht Söhngen eine Warnung aus - wegen des drohenden Brockens, "der uns Sorge macht": das Abwassernetz. In den kommenden Jahren sei damit zu rechnen, dass viele Hausanschlüsse und Kanalleitungen erneuert werden müssen. "Dafür werden wir nur bedingt Förderung erhalten. Und das wird Geld kosten."
Zur Finanzierung werde man also dann auch die Gebühren erhöhen müssen. Das geschieht auch aktuell schon: Um die Kosten für die Kläranlage Beialf (wird im laufenden Jahr fertig) bezahlen zu können, erhöhen die VG-Werke die Abwassergebühr von drei Euro auf 3,20 Euro pro Kubikmeter.

Alles in allem sei das doch sehr solide, sagt Söhngen. Nicht direkt überraschend, dass Parteikollegin Mathilde Weinandy das genauso sieht. Sorgfalt und Weitblick attestiert sie der Verwaltung, die CDU-Fraktion werde dem Haushalt zustimmen. Das tue auch die SPD, sagt Barbara Hiltawski "gleich vorweg". Die geplanten Ausgaben seien notwendig, "die Verwaltung hat das Vermögen gut verwaltet", aber dafür sei sie ja auch da. Ihr fehle es aber am "politischen Gestaltungswillen", der sich nicht nur bei der Windkraft auf der Schneifel zeigen dürfe.
Für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen bescheinigt Christine Kohl Söhngen ebenfalls "eine ordentliche Haushaltsführung" und zeigt sich erfreut darüber, dass man auch das Klimakonzept vorantreibe.
Solide, sparsam, alles super, findet Erich Reichertz (FWG). Nur: So erfreulich die finanzielle Lage der VG, so unerfreulich sei "das Gezerre um den Wunsch der VG Obere Kyll, sich uns mit elf Gemeinden anzuschließen". Reichertz übt harte Kritik an den Versuchen aus dem Vulkaneifelkreis, das von den Bürgern unterstützte Vorhaben "zu torpedieren".

Nur einer sagt Nein zum Haushalt: Jürgen Krämer, FDP-Solist im Rat. Ihm ist vieles zu altbacken, darunter ein Haushalt, der in Papierform vorgelegt werde - warum nicht digital? Oder die lahme Internetseite der VG (sie wird gerade überarbeitet). Man solle doch bedenken, dass mit der Grohmann-Übernahme durch Tesla "eines der modernsten Unternehmen der Welt" nach Prüm komme, inklusive etlicher innovativer Neubürger, denen müsse man Modernität bieten. Was die VG aber präsentiere, sei "wenig Tesla, viel Postkutsche". Und für die finanziell schwachen Gemeinden hätte er sich außerdem eine Senkung der Umlage gewünscht.
Fazit: Einer stimmt gegen den Haushalt. "Das ist Ihr gutes Recht", sagt Söhngen und dankt den anderen für die Zustimmung: "Wir versprechen Ihnen, so weiterzuarbeiten wie bisher."
Meinung

Langweilig ist das neue Modern
In diesen so wackligen Zeiten ist nichts moderner und beruhigender als eine langweilige, stabile Haushaltsführung. Genau das wird im Prümer VG-Rathaus betrieben. Daher wirkt die Ablehnung des liberalen Ratsmitglieds Jürgen Krämer etwas angestrengt. Davon abgesehen: Welche Segen der von ihm erwähnte Tesla-Deal der Kommune bringen wird, welche Wundergestalten wirklich in der Eifel aufkreuzen werden - das alles ist noch ziemlich ungewiss. Da lassen wir lieber mal die Kirche im Dorf. An einer Stelle aber hat Krämer recht: Die VG-Internetseite ist so schnarchig, dass man schon beim ersten Blick darauf einzuschlafen droht. Die muss neu. Für alles andere gilt, auch wenn man es ja nicht so gern sagt: doch, weiter so. f.linden@volksfreund.deWEITERE THEMEN IM VERBANDSGEMEINDERAT

Extra

Bürgermeister Aloysius Söhngen teilt den Fraktionen mit, dass die Vertreter der Kommunen am Donnerstag, 2. März, dem Innenausschuss des Landtags ihre Position beim Thema Fusion mit der Oberen Kyll vortragen werden. Und verweist darauf, dass der Vulkaneifelkreis eine Verfassungsklage gegen den Zusammenschluss erwäge. Es sei dabei interessant zu sehen, "dass jemand, der den Gesetzentwurf mitunterschrieben hat, dessen Verfassungsmäßigkeit anzweifelt" - gemeint ist Marco Weber aus Lissendorf, Kreistagsmitglied in Daun und für die mitregierende FDP im Landtag. Laut neuer Landesbauordnung wird der VG zum 1. Jauar 2018 die Zuständigkeit für die Genehmigung von Bauanträgen entzogen und an den Kreis übertragen. Dann müssten die Bürger künftig nach Bitburg. Die VG versucht das zu verhindern. Ziel: Auch in Zukunft die Genehmigungen erteilen zu können, dann aber als Außenstelle des Kreises.

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