Ein Vertrag, der allen etwas bringt

Prüm · Die Prümer Stadtwaldsiedlung hat seit Jahresbeginn einen neuen Eigentümer, die TAG Immobilien AG. Das Düsseldorfer Unternehmen verlangte allerdings Miete für die Räume, in denen die Caritas Westeifel seit 2009 Sozialarbeit mit jungen Flüchtlingen, Aussiedlern und Asylbewerberkindern macht. Inzwischen hat man sich auf einen verträglichen Kurs geeinigt - und alle sind zufrieden.

Prüm. "Wir bemühen uns, dass da kein Brennpunkt entsteht", sagt Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy. Die Rede ist von der Stadtwaldsiedlung, die zum Jahresbeginn ihren Eigentümer wechselte (siehe Extra).
Und das brachte zunächst ein Problem: Denn zu Zeiten des Vorbesitzers, der Dortmunder Principia GmbH & Co. KG, konnte die Caritas Westeifel in der Siedlung, die von vielen Flüchtlings- und Aussiedlerfamilien bewohnt wird, Sozialarbeit leisten - und zwar mietfrei. Die Gesellschaft stellte dafür Räume im Ärztehaus zur Verfügung, die Stadt zahlte nur die Nebenkosten in Höhe von etwa 2500 Euro pro Jahr.
Viele nutzen das Angebot


Das aber, sagt Mathilde Weinandy, "war ins Stocken gekommen", weil die neuen Eigentümer, die Düsseldorfer TAG Wohnen, nun Miete fordern. Legitim, aber es warf eben auch die Frage auf, ob man sich das Angebot noch weiter würde leisten können.
Die Arbeit, 2009 begonnen, will man unbedingt fortführen: Die Caritas bietet dort unter anderem mittwochs von 15.30 bis 17.30 Uhr einen offenen Treff für die jungen Bewohner der Siedlung. Dabei bringt man Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Kulturen zusammen, hilft bei der Integration und allem, was das Zusammenleben erleichtert. Von den etwa 80 jungen Menschen in der Siedlung, sagt Andrea Ennen von der Caritas, seien rund 40 jede Woche allein beim offenen Treff dabei. "Das ist enorm viel - was aber auch zeigt, wie wichtig so ein Angebot ist." Dazu gehören auch Hausaufgabenbetreuung und Sprachkurse. Viele Kinder hätten anfangs außerdem Probleme mit Kooperation und Konfliktbewältigung, sagt Marc Spiekermann, Sozialarbeiter der Caritas und als "Streetworker" für die Verbandsgemeinden Arzfeld und Prüm tätig. Deshalb trainiere man vor allem diese Fähigkeiten. Und das, sagt er, klappe ziemlich gut. Wie auch die Zusammenarbeit mit den Prümer Bildungseinrichtungen: Vor allem die Bertrada-Grundschule und die Realschule plus stehen in engem Kontakt mit Spiekermann, damit man bei Problemen gemeinsam vorgehen kann. Und die Jugendlichen der Flüchtlings-AG am Regino-Gymnasium sind mittwochs ebenfalls dabei und kümmern sich um die Schützlinge aus dem Iran, aus Syrien, Afghanistan, vom Balkan und aus anderen Ländern.
Viel wertvolle Arbeit also. Dass man nun für die Räume Miete zahlen soll, brachte das Ganze aber zunächst ins Kippen. Allerdings gab man in Prüm nicht so schnell auf, sondern klemmte sich ans Telefon: Mathilde Weinandy verhandelte mit Düsseldorf - und dort ging man daraufhin mit dem Preis ein gutes Stück runter.
Und damit die Kosten (insgesamt sind es jetzt etwa 6500 Euro im Jahr) bewältigt werden können, beteiligt sich neben Stadt und Caritas auch die Verbandsgemeinde Prüm: Weil in der Siedlung eben auch Asylbewerber-Familien untergebracht seien, sagt Peter Hillen, Chef der Abteilung Bürgerdienste. "Und das ist ja eine direkte Aufgabe der VG."
Hillen freut sich ebenfalls über die Kulanz des Unternehmens: "Die haben da ein großes Entgegenkommen gezeigt." Das Lob gibt Franco Marcello von de TAG Wohnen gleich zurück: Die Prümer Verhandlungspartner hätten sich nicht quergestellt - und weil es sich um wichtige Arbeit handle, sei man als Vermieter auch kompromissbereit gewesen. Zumal die Caritas nun, anders als bisher, einen langfristigen Vertrag und damit Planungssicherheit habe. Marcello: "Das ist eine gute Einigung für alle."

Meinung

Drangeblieben und gewonnen
Dass der neue Eigentümer für seine Räume Miete verlangt, darf ihm nicht übelgenommen werden. Aber die Prümer haben nicht aufgesteckt. Auch wenn man nun etwas mehr bezahlen muss: Die Kinder verdienen es. Und Prüm und Düsseldorf haben bewiesen, dass Verhandeln eben doch etwas bringen kann, wenn man nicht auf stur stellt. f.linden@volksfreund.deExtra

Die Prümer Stadtwaldsiedlung - zu Zeiten der US-Radarstation am Schwarzen Mann wohnten dort amerikanische Militärangehörige. Nach Aufgabe der Station kaufte 1992 eine Gruppe von Investoren aus dem Prümer Raum die fünf Gebäude von den Amerikanern und schuf dort Mietwohnungen. Im Jahr 2009 übernahm die Principia GmbH & Co. KG, eine Immobiliengesellschaft aus Dortmund. Zum Jahresbeginn hat die TAG Wohnen aus Düsseldorf die Gebäude mit ihren etwa 75 Wohnungen gekauft. Sie ist eine Tocher der TAG Immobilien AG und mit rund 80 000 Wohnungen und Gewerbeflächen einer der größten Anbieter im Land. fpl

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