Es geht um jede Minute - Prümer gemeindeschwestern bringen kostenlose Rettungsdose zu Senioren

Prüm · Sie sind so groß wie Coladosen, bieten viele Informationen und gehören in den Kühlschrank: Die Gemeindeschwestern plus bringen Senioren ab sofort sogenannte SOS-Dosen des Lions Clubs Mürlenbach-Bertrada direkt nach Hause.

 Claudia Moser (links), Edith Baur, Renate Humble, Maria Theimert, Andrea Becker bringen die SOS-Dosen in die Kühlschränke der Eifel. TV-Foto: Frank Auffenberg

Claudia Moser (links), Edith Baur, Renate Humble, Maria Theimert, Andrea Becker bringen die SOS-Dosen in die Kühlschränke der Eifel. TV-Foto: Frank Auffenberg

Foto: Frank Auffenberg (aff) ("TV-Upload Auffenberg"

Ersthelfer stehen fast täglich vor einem großen Problem: Sie kommen zu einem Patienten, finden ihn häufig in kaum noch ansprechbarer Lage vor und müssen doch einige Fragen klären. Gibt es Vorerkrankungen, Allergien und Unverträglichkeiten? Wer soll im Notfall informiert werden?

"Dann geht meist das große Suchen los. Im Ernstfall zählt aber meist jede Minute", sagt Oswald Benzel, Bereitschaftsleiter des Deutschen Roten Kreuzes in Prüm. Genau um diese wichtigen Minuten nicht zu verplempern, gibt es jetzt aber eine Lösung: "SOS - Rettung aus der Dose" heißt die Initiative, bei der man wichtige Daten in einem kleinen Behälter verstaut und diesen im Kühlschrank aufbewahrt.

"Es klingt erst mal komisch, wenn Ersthelfer aber gleich im Eingangsbereich einer Wohnung den roten Aufkleber finden, der auf das Vorhandensein einer SOS-Dose hinweist, dann wissen sie gleich, wo sie suchen müssen. Das spart wertvolle Zeit", sagt Renate Humble. Sie ist eine von drei Gemeindeschwestern plus, die im Eifelkreis Bitburg-Prüm unterwegs sind (der TV berichtete; siehe Extra) und hat mit ihren Kolleginnen Edith Baur und Claudia Moser, zusammen mit dem Lions Club Mürlenbach-Bertrada, die Initiative in der Region auf den Weg gebracht.

"Der Lions Club Hanau unterstützt auf ähnliche Weise ein SOS-Dosen Projekt. Unsere Lionsschwester Andrea Becker stieß mit Renate Humble auf die Aktion und stellte sie uns vor", sagt die Präsidentin des Lions Clubs Mürlenbach-Bertrada, Maria Theimert. Zum Anstoß habe man 1000 SOS-Dosen besorgt, die nun auf Anfrage von den Gemeindeschwestern plus weitergegeben werden.

"Uns war wichtig, das Projekt mit der Arbeit der Gemeindeschwestern zu verknüpfen und die Dosen nicht einfach als ‚Wurfware' zu verteilen", sagt Renate Humble. Die Behälter sollen eben nicht irgendwann als Bonbondosen enden.
"Uns erscheint es sinnvoll, dass die Dosen von jemandem, in diesem Fall von den Gemeindeschwestern, nach Hause gebracht werden. Es gibt ein Datenblatt, das wir dann gemeinsam mit den Senioren ausfüllen", sagt Renate Humble. In der SOS-Dose seien dann persönliche Daten des Patienten, aber auch die Kontaktdaten des Hausarztes, Hinweise auf Patientenverfügungen und Ähnliches hinterlegt.

In Absprache mit dem DRK und den 18 in Rheinland-Pfalz tätigen Gemeindeschwestern habe man sich darauf geeinigt, zunächst erst mal die Altersgruppe ab 80 anzusprechen. "In Ausnahmefällen geben wir sie auch an Jüngere weiter."
Renate Humble betont übrigens, dass in der SOS-Dose nicht sämtliche medizinischen Papiere über einen Patienten untergebracht werden, sondern nur die wichtigsten Informationen: "Medikamentenlisten wären dort am falschen Platz, aber ein Hinweis, wo die aktuell genommenen Medikamente in der Wohnung aufgehoben werden oder eine Patientenakte zu finden ist, kann sehr viel helfen."

Für Ersthelfer seien diese Hinweise eine wichtige Handreiche, bestätigt Benzel. "Eine Medikamentenliste verändert sich schnell, wenn wir aber darauf hingewiesen werden, dass die aktuell wichtigen Mittel im Brotkasten oder wo auch immer gelagert werden, ist uns schon ziemlich gut geholfen."

Mögliche juristische Probleme, auf die unter anderem der pensionierte Schönecker Arzt und Vorsitzende des Seniorenbeirats des Eifelkreises, Erdal Dogan, hinweist, sieht Benzel nicht. "Es sind freiwillige Angaben, die uns den Weg weisen. Patienten sind immer für sich selber verantwortlich, mit Hilfe der Gemeindeschwestern wird das Datenblatt ausgefüllt, für eine dringende Aktualisierung muss aber jeder selber sorgen." Die Dose könne wohl kaum Schaden verursachen. "Es geht nur um einen Informationsvorsprung."
Weitere Informationen unter Telefon 06551/1489555 oder im Internet unter www.gemeindeschwesterplus-bitburg.deGEMEINDESCHWESTERN PLUS IM EIFELKREIS

Extra

Das Modellprojekt Gemeindeschwester plus läuft im Eifelkreis Bitburg-Prüm seit Anfang 2016. Es wird bis Ende 2018 vom Land Rheinland-Pfalz finanziert. Die drei Gemeindeschwestern plus Claudia Moser, Edith Baur und Renate Humble dürfen nur mit dem Einverständnis der Senioren Hausbesuche machen. Allerdings können sich Nachbarn und Angehörige dieses Einverständnis geben lassen und im Namen des alten Menschen anrufen. Die Beratungen sind kostenlos, neutral und vertraulich. Sie beraten auch zu Themen wie Betreutes Wohnen, Pflegegeld und Gesundheit.

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