Fragwürdige Schieneneuphorie

Zur Reaktivierung der Bahnstrecke Prüm-Gerolstein erreichte uns dieser Leserbrief.

Die Bahnstrecke Prüm-Gerolstein zu reaktivieren, wenn auch nur für eine Probezeit, entbehrt jeder Logik und ist in Zeiten knapper Kassen nicht nachvollziehbar. In der Westeifel werden aufgrund schlechter finanzieller Ausstattung und bereits erfolgter Mittelkürzungen seitens des Landes Busverbindungen gestrichen, Qualitätsstandards bei Fahrzeug und Personal abgesenkt, Stehplätze für Fünft-Klässler sind die Regel, nachmittags und in den Ferien bestehen gar keine Verbindungen mehr. Angesichts dessen einen Freizeit- und damit Luxusverkehr für interessierte Touristen zu fordern, spiegelt die Ignoranz der politischen Entscheidungsträger gegenüber den Bedürfnissen der Bürger wider.Können wir es uns wirklich erlauben, hoch defizitäre Geisterzüge zu finanzieren, während die auf den Bus angewiesenen ländlichen Gebiete immer stärker abgehängt werden? 1,8 Millionen wurden angeblich bereits vom Land für die Sicherung der Zukunft der Eifelquerbahn zugesagt, hier von einer "erfolgreichen" Reaktivierung der Eifelquerbahn zu sprechen, ist absurd. Weitere 400 000 Euro soll die Reaktivierung der Bahnstrecke Gerolstein-Prüm kosten. Die Politik verliert anscheinend die Menschen außerhalb der Ballungsräume und abseits der Hauptverkehrsachsen aus den Augen. Eine Reaktivierung der Bahnstrecke bringt den Menschen unserer Region keine Vorteile: Sie gefährdet die bestehenden, nicht defizitären Busverkehre auf dieser Strecke. Dann eher ein kostenlos für jeden nutzbarer Radweg.Mobilität durch einen intelligenten Nahverkehr, sei es mit Bahn, Bus oder bedarfsorientierten Verkehren für alle Bürger zu gewährleisten ist ein Stück Lebensqualität und ein wichtiger Standortfaktor - auch für die ländlichen Gebiete. Der Süden des Landes kann als Beispiel dienen.Mir als Busunternehmer mag man eine einseitige Sichtweise der Dinge unterstellen, die Zahlen sprechen aber für sich.Die Schieflage bei der Nahverkehrsförderung in Rheinland-Pfalz ist leicht umschrieben: Bus fährt die meisten Passagiere, Schiene erhält das meiste Geld (jeweils private und öffentliche Unternehmen). Das wird gezahlt: Die Schiene erhält 300,8 Millionen Euro. Der Bus erhält: 71,3 Millionen. Befördert werden auf der Schiene 55 Millionen Fahrgäste, mit dem Bus 209,5 Millionen. Es ergibt sich eine Förderung pro Fahrgast von 5,47 Euro auf der Schiene und 0,34 Euro im Bus. Pro gefahrenem Kilometer wird die Schiene mit 8,94 Euro, der Bus mit 0,85 Euro unterstützt. Die vom Bund getragenen Netzkosten sind noch nicht berücksichtigt.Werner André, Dasburg(Der Autor ist Geschäftsführer des Busunternehmens Gebr. André GmbH in Prüm) ÖPNV

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