In der Eifel integriert, nun soll sie abgeschoben werden

Holsthum · Sie ist krank. Bis zu zehn epileptische Anfälle täglich erlitt Fevzije Hajdani, weil sie sich keine Medikamente leisten konnte. Deshalb wanderte die 41-jährige Frau aus dem Kosovo mit Mann und Sohn nach Deutschland aus. Seit Januar 2015 lebt die Familie in Holsthum. Hier hat sich Fevzijes Gesundheitszustand stark verbessert. Nun droht die Abschiebung.

 Das Dorf steht hinter der schwer kranken Kosovarin Fevzije Hajdani (vorne links). TV-Foto: Christian Moeris

Das Dorf steht hinter der schwer kranken Kosovarin Fevzije Hajdani (vorne links). TV-Foto: Christian Moeris

Foto: (e_bit )

Holsthum. "Hallo", haucht die erschöpft wirkende, blasse Gestalt, als sie die Haustüre ihrer Wohnung in Holsthum öffnet. Ihr Händedruck: so schwach wie der eines kleinen Mädchens.
Wer Fevzije Hajdani zum ersten Mal begegnet, der merkt sofort, dass es dieser Frau nicht gut geht. Genau deshalb ist sie hier, in Deutschland, wohnt in Holsthum mit ihrem Mann Bahkim und ihrem 14-jährigen Sohn Leart. Und das ist lebenswichtig für sie: Denn in ihrer Heimat, im Kosovo, hat die schwer kranke Frau bis zu zehn epileptische Anfälle am Tag erlitten. Dann verkrampfen sich schlagartig sämtliche Muskeln ihres Körpers, der sich auf den Boden wirft, Bewusstlosigkeit tritt ein, Körperteile werden kaum mehr durchblutet, färben sich blau und "sie hat Glück, dass sie während ihrer bis zu einer halben Stunde währenden Krampfanfälle noch nicht ums Leben gekommen ist", sagt Gunda Gercke-Stolzenbach, Integrationsbeauftragte der Verbandsgemeinde Südeifel.
Bei solchen epileptischen Anfällen kommt es zu Sauerstoffmangel im Gehirn. Dauert ein solcher Anfall länger als 20 Minuten, besteht akute Lebensgefahr. Im Kosovo wurde Fevzije zwar in Notfällen ins Universitätsklinikum nach Pristina eingeliefert, doch die teuren Medikamente für eine wirkungsvolle Behandlung ihrer Krankheit konnte sich die Familie nicht leisten. "Woher soll die Familie auch Geld für Medikamente nehmen, deren Preis höher als das Monatseinkommen ist?", fragt Gercke-Stolzenbach. Der Grund: "Im Kosovo muss man Medikamente selbst bezahlen", erklärt die Integrationsbeauftragte.
Familie steht unter Angst


Seit sie in Deutschland in ärztlicher Behandlung ist und medikamentös eingestellt wurde, gehe es ihr recht gut, sagt Fevzije. "Im vergangenen Monat habe ich keinen einzigen epileptischen Anfall gehabt."
Doch das änderte sich vor wenigen Tagen schlagartig, als der Familie vom Bundesamt für Migration mitgeteilt wurde, dass ihr Asylantrag abgelehnt und sie deshalb innerhalb der nächsten Wochen in den Kosovo abgeschoben werde. Stress und Angst setzten ein: "Ich habe in den letzten Tagen drei Anfälle gehabt", sagt Fevzije, die etwas geistesabwesend wie eine Schlafwandlerin wirkt, wenn sie zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her schleicht, um allen Gästen im Wohnzimmer einen schwarzen Tee zu servieren. Sie hat dabei Mühe, das Gleichgewicht zu halten, und selbst einfache motorische Fähigkeiten, wie eine Tasse abzusetzen, scheinen durch die Krankheit beeinträchtigt zu sein.
Dann betritt ihr Mann Bahkim das Wohnzimmer. Er kommt gerade von der Arbeit, einem 1-Euro-Job als Gemeindearbeiter in Ferschweiler. Dabei könnte er sogar 40 Stunden in der Woche arbeiten und seine Familie ganz alleine ernähren. Die Firma Eurogas aus Ferschweiler würde ihn sofort einstellen, wie ein Schreiben belegt, das Bahkim vorlegt. Doch dafür fehlt ihm die nötige Arbeitserlaubnis.
"Auch Leart hätte hier eine Zukunft", sagt der Holsthumer Rolf Mrotzek, ein Freund der Familie. Der 14-Jährige habe bereits eine Ausbildungsstelle in Aussicht, erklärt Mrotzek, der in der Eifel als Vorsitzender der Jazzinitiative bekannt ist. Auch seine Klassenkameraden aus der 8b der Franziskus Grund- und Realschule plus Irrel wollen Leart nicht gehen lassen. Dafür haben sie eine Unterschriftenliste angefertigt. Ebenso setzen sich der Gemeinderat und 73 Holsthumer Bürger für den Verbleib der Familie in Holsthum ein. Auch sie haben ein Schreiben an die letzte Instanz, die Härtefallkommission des Landes, geschickt, um zu verhindern, dass die Familie Hajdani abgeschoben wird.
Entscheidung fällt am Mittwoch


Jetzt hängt alles am seidenen Faden: Der Fall Fevzije Hajdani wird am Mittwoch, 6. Juli, von der Härtefallkommission verhandelt. Das Urteil des Gremiums hat ein höheres Gewicht als der Abschiebungsbescheid des Bundesamtes für Migration. Und deshalb liegt das Schicksal der Familie nun in den Händen des behördenunabhängigen Gremiums, das mit Vertretern aus den Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und weiteren Institutionen besetzt ist.
Mrotzek sagt: "Das ganze Dorf wartet darauf, dass endlich jemand sagt: ‚Ja, die dürfen bleiben!'" cmo

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