Missstand oder Missgunst? - Streit um Tierhaltung in Üttfeld

Üttfeld · In Üttfeld kritisieren einige Bürger eine Tierhalterin, die am alten Bahnhof eine Hundezucht betreibt und darüber hinaus Schafe, Pferde und Hühner besitzt. Die Rede ist von Tierquälerei. Die Angelegenheit ist kompliziert.

 Die Züchterin mit ihren Schafen, plus einer Ziege, in Üttfeld – im Hintergrund der ehemalige Bahnhof, der ihr gehört. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Die Züchterin mit ihren Schafen, plus einer Ziege, in Üttfeld – im Hintergrund der ehemalige Bahnhof, der ihr gehört. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

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Üttfeld. "Schwierig." - "Unangenehm." Jeder, den man zum Thema befragt, sagt das irgendwann. Zum Beispiel Horst Zils, der Ortsbürgermeister von Üttfeld. Oder Andrea Fabry, Abteilungsleiterin für Veterinärwesen und Lebensmittelkontrolle beim Eifelkreis. Oder Amtstierarzt Dieter Hoff. Oder Frauke Spengler von der Arbeitsgemeinschaft Border Collie Deutschland in Ulmen.
Und falls es in dieser Geschichte überhaupt irgendetwas gibt, auf das sich die Beteiligten, vor allem die Akteure im Dorf, einigen können - damit ist aber nicht zu rechnen -, dann vielleicht das: Den Tieren soll's gut gehen. Um die nämlich geht es und um die Frage, ob die Züchterin dabei alles richtig macht.
Fangen wir vorne an: Heide Genenger betreibt am alten Bahnhof von Üttfeld seit einigen Jahren eine Zucht mit Border Collies - Hütehunden also, aktuell hat sie nach eigenen Angaben sieben davon. Plus etwa 30 Schafe, vier Ponys und eine Handvoll Hühner.Etliche sind dagegen


Das gefällt manchen Üttfeldern nicht, um es vorsichtig auszudrücken. Auch die Ortsgemeinde war zunächst dagegen: So viele Tiere, direkt am Radweg, in der Nähe zum Neubaugebiet - damit sei man nicht einverstanden gewesen, sagt Horst Zils. Die Kreisverwaltung habe aber trotzdem alles genehmigt.
"Stimmt", sagt Andrea Fabry, "weil keine rechtlichen Gründe dagegegen sprachen." Also habe man die Genehmigung gar nicht verweigern dürfen.
Jene Üttfelder, die den TV auf die Zucht ansprachen, reden wiederum von Tierquälerei: von hungernden und frierenden Schafen, von vernachlässigten Pferden, die auf abgegrasten, matschigen Wiesen stünden, von Hunden, die auf Radwegnutzer losgingen und im Dreck aufwüchsen - oder Rehe und andere Waldtiere vertrieben, wie Horst Zils von Jägern zugetragen wurde. Er sagt aber auch: "Tiere können immer mal ausbüxen." Und dass man niemanden öffentlich "in die Pfanne hauen" dürfe. Zumal sich nicht alle im Dorf über die Halterin beschwerten.
Deren Gegner haben sich wiederum in eine Unterschriftenliste eingetragen. Und sogar Fotos gemacht, um die ihrer Meinung nach unhaltbaren Zustände auf dem Hof damit nachzuweisen.
Angeblich aber reagiere man bei der Kreisverwaltung nicht, sagt zum Beispiel Manfred Theis, einer der Hauptkritiker. Alles gehe so weiter, inklusive Lärmbelästigung durch bellende Hunde.
Tatsächlich hat der Kreisveterinär in den vergangenen Wochen drei Mal das Anwesen aufgesucht. Und man habe, sagt Dieter Hoff, auch bereits Änderungen herbeigeführt: So musste die Halterin einige herumliegende Zaun-Elemente fortschaffen, damit sich kein Tier daran verletzen kann. Und nein, optimal seien die Zustände nicht unbedingt.
Die Halterin, die bei den Bauern in der Umgebung auch als Betriebshelferin arbeitet, sieht sich einem Kesseltreiben ausgesetzt und von einigen Üttfeldern nahezu verfolgt, sie spricht von Haus- und Landfriedensbruch, wenn man einfach auf ihre Grundstücke komme und Fotos mache oder ihr rate zu verschwinden: "Darf man das als Mitbürger?", fragt sie. "Meinen Tieren geht es gut." Zum Beispiel die Schafe: "Die haben Wasser, die haben Futter, die haben Unterstand genug. Das sind Schafe. Das sind keine Menschen, die ein Federbett brauchen."
Jeder Verfügung der Behörden sei sie bisher nachgekommen: Dass man Pferde nicht hinter Stacheldraht halten dürfe zum Beispiel - da habe sie einen Elektrozaun aufgestellt. "Darauf hat mich einer hingewiesen, da habe ich das gemacht."
Stimmt der Vorwurf, sie "richte" ihre Hunde auf die Schafe "ab"? Die Halterin nennt es "trainieren" - immerhin handle es sich um Hütehunde. Dass diese Radwegbenutzer anfallen würden, weist sie zurück.
Frauke Spengler von der AG Border Collie warnt vor schnellen Urteilen: Die Halterin, Mitglied im Verein, unterwerfe sich zwar nicht den Zuchtvorgaben, kurz: Wer bei ihr einen Hund kaufe, erhalte diesen ohne Papiere. Das bedeute aber nicht, dass es den Tieren schlecht gehen müsse. Ein unordentlicher Hof? "Davon haben wir Hunderte und Tausende in Deutschland."
Kompliziert das Ganze, wie gesagt. Und gar nicht schön. "Das schaukelt sich gerade alles fürchterlich ungut hoch", sagt Andrea Fabry. Zwar dürfe es nicht sein, dass Tiere leiden. Aber eine Behörde dürfe sich andererseits auch nicht vor einen Karren spannen lassen, "um eine unliebsame Frau loszuwerden".
Dennoch: "Wir sind uns bewusst, dass wir da tätig werden müssen", sagt Andrea Fabry. Was genau man unternehmen müsse und werde, das könne man noch nicht sagen. Es ist eben - genau: schwierig.Meinung

Chance geben
Lässt da jemand seine Tiere verkommen? Oder wird er gemobbt? Der vorläufige Eindruck nach dem TV-Besuch in Üttfeld: Die Tiere sehen gesund und stabil aus, an ihrem Umfeld aber wäre einiges zu verbessern. Die Halterin muss da schon etwas unternehmen. Man sollte ihr aber auch die Chance dazu einräumen. Am Ende sind deshalb alle gefragt, um die Situation zu entschärfen: die Kreisbehörden, die Züchterin und auch die Bürger, die so hart mit ihr ins Gericht gehen. Wer in seinem Leben immer alles richtig gemacht hat, der hebe jetzt seine Hand. f.linden@volksfreund.de

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