Neunjähriger missbraucht: Vier Jahre Gefängnis

Trier · Das Landgericht Trier hat am Mittwoch einen jungen Mann, der zuletzt in der Verbandsgemeinde Obere Kyll gewohnt hatte, wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Der Angeklagte gab im Prozess zu, im Sommer 2010 drei Mal an einem neunjährigen Nachbarsjungen ungeschützt den Geschlechtsverkehr vollzogen zu haben.

Trier. Immer wieder reibt sich der junge Mann auf der Anklagebank im Sitzungssaal 66 des Trierer Landgerichts die Nase. Er schlägt sich die Hände vors Gesicht, während Staatsanwalt Wolfgang Spies die Anklageschrift vorliest und ausführt, wie sich der Angeklagte im Sommer 2010 in der Verbandsgemeinde Obere Kyll insgesamt drei Mal an einem neunjährigen Nachbarsjungen vergangen haben soll - zwei Mal in der Wohnung des Angeklagten, während er mit dem Jungen Playstation spielte, einmal in einer Bahnhofsunterführung.
Gleich zu Beginn der Verhandlung räumt der Angeklagte die Vorwürfe ein, erspart damit dem Jungen, den er so gut kennt, eine Aussage vor Gericht. "Ich habe einen großen Fehler gemacht und bitte um Verzeihung", sagt er.
Doch es ist niemand aus der Familie des Opfers im Gerichtssaal anwesend, der die Entschuldigung annehmen könnte. Der junge Mann wird vermutlich froh darüber sein: Schließlich habe der ältere Bruder des Opfers ihm gedroht, ihn umzubringen. Er habe große Angst, sagt der junge Mann leise. Er wirkt durchaus glaubwürdig. Doch was ist ernst zu nehmen, was ist gar Taktik bei dem jungen Mann, der im Herbst 2008 ohne Pass nach Deutschland kam? Ein Mann, der behauptet, erst 21 Jahre alt zu sein, obwohl er deutlich älter aussieht, wie jedem im Gerichtssaal auffällt: Spekuliert er möglicherweise darauf, so gegebenenfalls noch nach dem Jugendstrafrecht verurteilt zu werden? Nicht nur Jugendgerichtshelfer Wolfgang Schaefer sagt: "Ich habe den Eindruck, dass er älter ist, als er vorgibt zu sein."
Und warum behauptete der Angeklagte vor der Ärztin in der Untersuchungshaft, in seinem Kopf Stimmen zu hören, während er im Gerichtssaal kein Wort darüber verliert? Ebenfalls nur ein Manöver, um aus der Haft in ein Krankenhaus verlegt oder gar als vermindert schuldfähig eingestuft zu werden? Für den psychologischen Sachverständigen Professor Johann Glatzel jedenfalls steht am Mittwoch fest: Das Verhalten des Angeklagten ist "strategisch angelegt". Den gleichen Eindruck hat auch der Vorsitzende Richter Albrecht Keimburg: "Wir haben hier einen jungen Mann vor uns, der genau weiß, was er tut und was er nicht tut." Wie von Staatsanwalt Spies beantragt, verurteilt das Gericht den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Damit bleibt das Gericht über dem Antrag von Verteidiger Bernd Hoffmann, der sich für seinen Mandanten eine Freiheitsstrafe von drei Jahren gewünscht hatte und dabei getreu dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" Ansatzpunkte dafür sah, dass sein Mandant möglicherweise tatsächlich vermindert schuldfähig sei.
"Wir haben hier einen Menschen erlebt, der in keiner Weise den Anschein macht, krank zu sein", widerspricht ihm Richter Albrecht Keimburg in seiner Urteilsbegründung.

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