Pferdeflüsterin lehrt Mensch und Tier seit 20 Jahren aus dem Rollstuhl heraus

Arzfeld · Die Pferdeflüsterin Silke Vallentin ist am Wochenende nach Arzfeld gekommen, um zu zeigen, wie man mit den Tieren nur über Körpersprache kommuniziert. Dass sie seit einem Autounfall vor 20 Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen ist, steht dem Erfolg ihrer Arbeit in keiner Weise im Weg.

Eine einzige Handbewegung und das Pferd geht rückwärts in den Pferdeanhänger. Das Kommando gibt Trainerin Silke Vallentin aus ihrem Rollstuhl heraus. Das sieht leicht aus, doch die Übung funktioniert nur, wenn die Kommunikation zwischen Pferd und Mensch stimmt.Partnerschaft im Vordergrund


Um ihr Wissen über Pferdesprache weiterzugeben, ist Silke Vallentin für zwei Tage nach Arzfeld gekommen. Was sie lehrt, nennt sich Parelli Natural Horsemanship (Horseman, englisch für Pferdemensch) - das ist ein Programm, das von dem US-Amerikaner Pat Parelli entwickelt wurde und auf dem Vertrauen zwischen Mensch und Pferd basiert. Bestimmte Grundsätze müssen dabei beachtet werden, erklärt Silke Vallentin: "Das Handwerk muss man beherrschen. Wer will denn ein Gedicht schreiben, wenn er das ABC nicht kann."

Für Jessica Weyres aus Arzfeld ist es zwar der erste Kurs mit der Pferdeflüsterin, doch mit der Parelli-Methode hat sie sich im Vorfeld schon beschäftigt. Früher habe sie mit ihrer Stute Gwendy Probleme beim Ausreiten gehabt, erzählt die 32-Jährige. "Durch das Training haben wir das aber aus dem Weg geschafft. Ich bin ein Freund für sie geworden. Ich gehe nicht mehr mit Bauchweh reiten. Bei dem Kurs will ich das jetzt noch verfeinern."

Organisiert hat den Kurs die Breitensportreferentin der Jülicher Island-Pferdefreunde, Vicky Lampe. Sie hat nicht nur bereits mehrere Kurse in der Region ausgerichtet, sondern auch schon zwei Workshops mit Silke Vallentin in Belgien veranstaltet. In Arzfeld macht sie zum ersten Mal selbst mit. "Das ist viel Kopfarbeit und wirklich anstrengend", sagt sie. "Wenn man mit so wenig Aufwand wie möglich dem Pferd sagen will, wie es sich bewegen soll, dann kostet das viel Energie." Als Hilfsmittel haben die Teilnehmer einen Stock - der soll aber nur gezielt und am besten gar nicht zum Einsatz kommen. Auf der Koppel sind mehrere Hindernisse aufgebaut: Die Reiter führen ihre Pferde zum Beispiel über eine Plane und einen Baumstamm. Beliebt ist das Podest: ein Reifen, auf den die Pferde steigen sollen.

Viel Bodenarbeit also - in den Sattel geht es erst am zweiten Tag. Am Hänger versucht sich die 18-jährige Julia Cremer aus Niederprüm noch mal mit ihrem Pferd Pusteblume. Silke Vallentin hilft: "Wenn du angespannt bist, ist es dein Pferd auch." Sie hat einen Tipp parat: "Gähn mal!" Und dann klappt es doch. Aber das Ergebnis sei eigentlich gar nicht so wichtig, sagt Silke Vallentin. "Wir müssen die Partnerschaft mit dem Pferd in den Vordergrund stellen, einen mentalen Draht zum Pferd finden. Druck erzeugt nur Gegendruck. Das ist eine harte Erfahrung: Es liegt nie am Pferd, immer an uns."

Die Teilnehmer sind begeistert. "Das war beeindruckend", sagt Silke Knauf. Die 36-Jährige hat eine Pferdepension in Dackscheid und ist als Zuschauerin bei dem Kurs dabei. "Ich freue mich darauf, die Übungen zu machen und mehr mit dem Kopf, weniger mit Kraft ranzugehen."
"Das ist eine sehr nette Person", sagt Julia Cremer über Silke Vallentin. "Es ist bemerkenswert, wie sie trotz Rollstuhl so selbstbewusst mit den Pferden arbeitet." Auch Jessica Weyres freut sich über die vielen Tipps. "Man sieht, wo man noch Defizite hat. Was ich gelernt habe, will ich jetzt auf jeden Fall noch weiter ausbauen."Extra Für Kinder

Pferdeflüsterer sind Menschen, die besonders gut mit Pferden umgehen können. Sie flüstern den Pferden nichts zu, sondern sie sprechen mit ihnen, indem sie über Haltung und Fingerzeig mit ihnen in Kontakt treten. Dazu brauchen Pferdeflüsterer viel Einfühlungsvermögen. Sie studieren erst mal das Verhalten des Tieres und lernen seine Körpersprache kennen. Die gebrauchen sie dann selbst, um den Pferden die Angst zu nehmen und ihnen Dinge ohne Gewalt beizubringen. Dann entsteht zwischen Mensch und Tier absolutes Vertrauen. eibExtra

... Silke Vallentin. Die Trainerin aus Bröhsen bei Leipzig sitzt seit einem Autounfall 1983 im Rollstuhl. Was ist Parelli? "Parelli ist der natürliche Umgang mit dem Pferd, der auf Liebe, Sprache und Respekt beruht und eine Partnerschaft zum Ziel hat, die so gut ist, dass sogar das Pferd denkt, sie ist gut." Seit 20 Jahren lehren Sie das Programm in ganz Europa. Wie sind Sie selbst dazu gekommen? "Ich habe in Berlin bei einem Kurs von Pat Parelli mitgemacht. Bei ihm habe ich dann in Amerika studiert. Damals war der Ansatz noch ein ganz anderer. In 20 Jahren hat sich viel entwickelt. Heute ist die Hohe Schule am freien Pferd meine Basis." Und wie gefällt es Ihnen in der Eifel? "Ich bin zum ersten Mal hier und finde es wunderschön."

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