Schwere Körperverletzung, aber keine Strafe

Daun/Gerolstein · Das Amtsgericht Daun hat einen 23-Jährigen aus Gerolstein vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen, weil es ihn für schuldunfähig hält.

Daun/Gerolstein. Freispruch trotz gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen: Mit seinem Urteil folgte das Amtsgericht Daun unter Vorsitz von Richterin Julia Schmitz-Garde den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Dabei berief sie sich auf das Gutachten einer Psychologin. Die hatte bei dem Mann eine "deutlich ausgeprägte krankhafte seelische Störung mit autistischen Neigungen" und eine "erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit" festgestellt. Oder, wie der 23-Jährige es sagte: "Wenn ich provoziert werde, raste ich aus."
Der Mann, zuletzt in einem betreuten Resozialisierungsprojekt für Straffällige in Gerolstein untergebracht, war Anfang 2015 mit einem befreundeten Mitbewohner zwei Mal aneinandergeraten. Zunächst war ein Streit um eine Musikanlage derart eskaliert, dass der 23-Jährige dem Mitbewohner bis auf die Straße nachsetzte und ihn mit einer Eisenstange verprügelte. Nach der Versöhnung kam es drei Wochen später zum nächsten Vorfall: Im Haus kam es zu einem verbalen Streit.
Dabei soll der Mitbewohner den bekanntermaßen leicht reizbaren Angeklagten schwer beleidigt haben, woraufhin dieser sich mit Faustschlägen revanchierte. Der Mitbewohner blutete und stürzte. In seinem Zorn packte der 23-Jährige einen Beistelltisch und zertrümmerte ihn. Ob er auf das Opfer einschlug oder es nur von Bruchstücken des Tisches getroffen wurde, blieb unklar. Dafür räumte der Mann aber den weiteren Vorwurf ein: "Ich habe ihn, als er am Boden lag, mit dem Fuß in den Bauch getreten. Das war nicht okay." Weil er dabei einen schweren Schuh trug, wird auch das als gefährliche Körperverletzung gewertet - aber nicht geahndet.
In der Vergangenheit war das auch schon anders: Der junge Mann, der Jahre in Heimen verbrachte, keine Ausbildung hat und nur eingeschränkt arbeitsfähig ist, hat bereits im Gefängnis gesessen: wegen räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung. Auch hat er bereits Therapien hinter sich. Seine Mutter, die er als Kind geschlagen haben soll und mit der er sich lange überworfen hat, sagte vor Gericht aus: "Er hat sich toll gebessert, und er nimmt wieder regelmäßig seine Medikamente." Auch aktuell empfahl die Gutachterin eine Therapie samt medikamentöser Behandlung. Sie sagte: "Es gibt Maßnahmen, bei denen solche Patienten lernen können, mit Konfliktsituationen besser umzugehen." Es blieb aber bei einer Empfehlung. mh

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