Straßenstreit im Schneifeldorf

Bleialf · Dicke Luft auf der Schneifel: Anlieger der Bleialfer Straße "am Trinkborn" gehen auf die Barrikaden. Sie sollen für die anstehende Erschließung ihres Abschnitts mehr als 76 000 Euro bezahlen. Dabei ist die Straße ihrer Meinung nach längst gemacht.

Bleialf. Die Anlieger haben einen Hals, die Bürgermeisterin Bauchweh, die Sache ist verzwickt - und sie brodelt schon länger unter dem Asphalt der Bleialfer Straße "am Trinkborn". Denn einige Bürger sollen für die dort von Mitte Juni an vorgesehenen Arbeiten kräftig bezahlen, sofern sich die Verwaltungen durchsetzen. Das Problem: Der vordere Teil ist marode, der hintere nie offiziell erschlossen worden.Der Zwist entzündet sich genau an diesem Punkt, der Erschließung. Sie soll nach Angaben der Verbandsgemeinde (VG) Prüm voraussichtlich 85 000 Euro kosten, von denen vier Familien 90 Prozent (76 500 Euro) tragen müssten - plus wiederkehrende Beiträge. Was die Anlieger allerdings weder verstehen noch hinnehmen wollen: Denn, sagt Willi Leinen, einer der Hausbesitzer und für die Liste Mölter auch im Ortsgemeinderat, man solle jetzt für eine Straße bezahlen, "die schon lange gemacht ist". Knifflige Angelegenheit, denn: Während die Straße im vorderen Teil sehr stark beschädigt ist, sieht sie im hinteren deutlich besser aus. Also in genau jenem Abschnitt, für den die Anwohner richtig zur Kasse gebeten werden sollen - während die anderen nur den wiederkehrenden Beitrag leisten müssen. Außerdem soll am Ende ein Wendehammer gebaut werden - den wollen die betroffenen Anlieger ebenfalls nicht haben. Und auch nicht dafür bezahlen. Zumal die Baustellen in der Straße sämtlich als "voll erschlossen" angeboten wurden, wie auch Bürgermeisterin Edith Baur bestätigt, nachdem sie einen der damaligen Verkäufer dazu befragt hat.Die Geschichte läuft schon seit einigen Jahren, sie war immer wieder Thema im Gemeinderat - und Edith Baur bekennt im Gespräch mit dem TV, "hin- und hergerissen" zu sein. "Ich hab schon viel mitgemacht, aber das hier noch nicht. Ich habe vor lauter Verdruss einen Rechtsanwalt eingeschaltet." Und zwar den Verwaltungsrechtler Alfred Stapelfeldt aus Wiesbaden. Der kam zu dem Fazit: Jenseits der für alle anfallenden wiederkehrenden Beiträge seien aus seiner Sicht die Anwohner nicht zu belangen. Die Anlieger spannten auch schon den Kreisrechtsausschuss und den Bürgerbeauftragten des Landes ein - bislang aber half ihnen nichts und niemand wirklich weiter.Die Sache ist mittlerweile ein echter Aufreger in der Gemeinde. Hinzu kam vor einigen Wochen eine Ratssitzung, bei der sich Leinen und seine Nachbarn ausgebootet sahen: Sie baten um eine Sitzungsunterbrechung, um zum Thema etwas sagen zu dürfen. Allerdings erteilte ihnen die Ortsbürgermeisterin nach kurzer Beratung kein Rederecht. Für Leinen mindestens "ein Skandälchen". Und überhaupt: Er und die anderen hätten sich gefühlt "wie bei einem Schauprozess in der DDR". Frage der Gleichbehandlung

Beim Ortstermin mit dem TV in Bleialf kommt noch etwas zur Sprache: dass man nämlich, wie die Anlieger Wolfgang Dreher und Erhard Klag sagen, mittlerweile als Buhmänner gelte - weil einige im Dorf massiv Stimmung gegen sie und ihre Nachbarn machten. Vieles laufe anonym und "hintenrum". Wie sieht man den Fall bei der VG? "Schwierig", sagt auch Robert Ennen, Chef des VG-Bauamts. Aber er verweist auf das 2003 beschlossene Bauprogramm der Ortsgemeinde (siehe Extra): Und das sei eben seitdem Straße für Straße abgearbeitet worden. "Und bisher gab es keine Probleme." Nur eben am Trinkborn. Für VG-Chef Aloysius Söhngen ist das Ganze eine Frage der Gleichbehandlung: Woanders hätten die Anlieger auch für die Erschließungen bezahlt - und am Trinkborn sei diese eben noch nicht ganz abgeschlossen. Man könne da auch nicht die Anlieger des vorderen Teils, der zwar kaputt, aber eben erschlossen ist, noch einmal heranziehen. Orts- und Verbandsgemeinde hätten sich in der Angelegenheit "sehr korrekt" verhalten, sagt Söhngen. "Und wenn das nicht rechtmäßig ist, kann Herr Leinen das ja vor Gericht klären lassen. Dieser Weg steht ihm offen."Meinung

Ärger verständlich, Umgang nichtPuh. Den Ärger kann man verstehen. Wer will schon jahrelang in seiner Straße wohnen und dann erfahren: Das ist gar keine offizielle Straße. Wer hier Recht hat - und wer tatsächlich Recht bekommt - lässt sich kaum von außen beurteilen. Orts- und Verbandsgemeinde halten sich an das, was geschrieben steht und geben sich insofern keine Blöße. Aber vielleicht geben sie sich ja einen Ruck - und versuchen, die Sache für die Anlieger billiger zu machen als jetzt geplant. Was man aber beurteilen kann, ist der Umgang mit dem Thema im Dorf: Jemanden aus der Deckung heraus mieszumachen, weil er sich wehrt, hilft überhaupt nicht weiter. f.linden@volksfreund.deExtra

Der Ausbau ist Teil eines Beschlusses, mit dem der Ortsgemeinderat bereits 2003 ein Straßenbauprogramm festlegte, noch unter Bürgermeister Walfried Hacken. Wie immer bei solchen Vorhaben ist auch die Verbandsgemeinde Prüm eingespannt, die die Beschlussvorlagen ausarbeitet. Auch dort besteht man auf der Zahlung - und verweist darauf, dass es sich eben im hinteren Teil formal um eine Ersterschließung handle. Denn die Straße wurde Anfang der 60er Jahre in zwei Abschnitte geteilt: Bis zu einem Punkt gilt sie seitdem als erschlossen, dahinter aber eben nicht. Und dort gibt es jetzt den Ärger. Was es nirgendwo gibt: ein Dokument, eine Aufzeichnung oder gar einen Ratsbeschluss darüber, wer wann den hinteren Teil der Straße "erschlossen" hat. Ortsbürgermeisterin Edith Baur sagt, sie habe bis in die 50er Jahre zurückrecherchiert - nichts. "Was da ist, wie es hingekommen ist, weiß keiner", bestätigt auch Robert Ennen vom Bauamt der VG Prüm. Und so gilt der umstrittene Teil offiziell als nicht erschlossen, während ihn die Anwohner als amtliche Straße ansehen. fpl

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