Vom Militärprojekt zur Radelstrecke

Hellenthal/Jünkerath · Eine Ausstellung im Ratssaal der Gemeinde Hellenthal (Kreis Euskirchen) zeigt die Geschichte der Venn-Querbahn zwischen der Oberen Kyll und dem belgischen Weywertz. Die Eisenbahnfreunde Jünkerath haben die Dokumentation entwickelt.

Hellenthal/Jünkerath. Wo üblicherweise Ratsvertreter über die Zukunft der Gemeinde debattieren, entführen für die nächsten knapp zwei Wochen Fotos und Dokumente den Betrachter in die Vergangenheit: Der Ratssaal in Hellenthal ist Ort der Ausstellung "Einst für Kriege gebaut - Heute Völkerverständigung per Fahrrad", in der die Geschichte der Venn-Querbahn von Jünkerath nach Weywertz dargestellt wird. Denn das kaum 40 Kilometer lange Stück Schiene war eines der zentralen Elemente der Angriffsstrategie der deutschen Armee im Ersten Weltkrieg.
Zivile Gründe, diese Trasse durch die dünn besiedelte Eifel zu bauen, habe es nicht gegeben, konstatierte Michael Heinzel, der als Mitglied der Eisenbahnfreunde Jünkerath die Ausstellung konzipiert hat. Die Ausstellung wurde bereits beim Archäologietag in Kronenburg gezeigt.
Zustande gekommen war die Ausstellung auf Initiative von Marita Rauchberger, die die Geschicke der Gemünder Galerie "Eifelkunst" leitet, die vom Eifeler Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt betrieben wird. Da die Gemeinden Schleiden, Kall und Hellenthal Mitglied des Bündnisses sind, lag der Gedanke nahe, auch die Gebäude der Kommunen in die Aktivität einzubeziehen.
Die Venn-Querbahn zwischen Jünkerath und Belgien galt dem deutschen Militär im Ersten Weltkrieg als Hauptschlagader, um die zentrale Doktrin, den Schlieffenplan, auszuführen. Der Bahnhof Jünkerath war als Kreuzungspunkt mehrerer Strecken das Nervenzentrum. General von Schlieffen hatte die Taktik entwickelt, Frankreich blitzartig von Belgien aus anzugreifen und nach dem Sieg die Truppen sofort nach Russland an die Ostfront zu verlegen. Eine der Hauptstrecken, die für die Überführung der Soldaten und des Materials vorgesehen war, war die zweispurige Strecke Weywertz-Jünkerath, die 1912 eröffnet wurde. "Die Venn-Querbahn hatte immer nur eine militärische Existenzberechtigung", sagte Heinzel.

Für Kriegszwecke gebaut


Bekanntlich scheiterte die Taktik, da die Belgier nicht gewillt waren, die deutschen Truppen einfach durch ihr Land marschieren zu lassen. "Man hatte sich Illusionen über das Verhalten der Nachbarn gemacht", erläuterte Heinzel. Bis die deutsche Armee französischen Boden erreichte, hatten sich dort die Gegner formiert und verwickelten die Deutschen in einen verheerenden Stellungskrieg.
Die Niederlage der Deutschen im Ersten Weltkrieg und die Reparationsansprüche der Belgier bei den Versailler Verträgen sollten die Geschicke der Eisenbahnstrecke weiter bestimmen, erklärte Heinzel. Als Kenner des Grenzgebiets und Autor zweier Bücher verfügt der Jünkerather über detaillierte Kenntnisse der Geschichte des Landstrichs. Als Wiedergutmachung erhielt Belgien die Kreise Eupen und Malmedy, die Staatsgrenze zerschnitt die Strecke in zwei Hälften. Erst die Öffnung als Radweg im Mai dieses Jahres machte sie wieder im Ganzen auch für Privatpersonen zugänglich. sev
Die Ausstellung ist noch zu sehen bis Sonntag, 23. August, Montag bis Freitag, 8.30 bis 16 Uhr, Samstag und Sonntag von 10 bis 12 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Extra

Die Venn-Querbahn führt von Jünkerath über Losheim nach Weywertz, wo sie an die von Aachen nach Luxemburg führende Vennbahn angeschlossen wird. Damit stellte die Linie die zentrale Verbindung von Remagen im Rheintal an die belgische Grenze dar. Das war für das deutsche Militär im Ersten Weltkrieg die Hauptschlagader nach Westen. In Jünkerath kreuzten sich mehrere Strecken. red

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