Energiewende Die Wärme kommt vom Bauernhof

Winterspelt · Wie in vielen Großstädten werden nun auch auf dem Land mehr und mehr Wohnungen per Fernwärme geheizt. In Winterspelt nutzen mittlerweile 75 Haushalte das System.

 In Winterspelt nutzen 75 Haushalte die Fernwärme des Landwirtes Eberhard Gillen und dessen Sohn Thomas (im Bild).

In Winterspelt nutzen 75 Haushalte die Fernwärme des Landwirtes Eberhard Gillen und dessen Sohn Thomas (im Bild).

Foto: Frank Auffenberg/FranK Auffenberg

Die Energiewende ist im vollen Gange. Ob Biogasanlagen, Windkraft oder Solarenergie, überall in der Eifel wird Strom produziert. „Bei Biogasanlagen gibt es aber ein entscheidendes Problem – wie die meisten Arten von Motoren, wird auch bei ihnen Wärme produziert, die eigentlich nicht genutzt wird – eine ziemliche Verschwendung“, sagt der Winterspelter Landwirt Eberhard Gillen. Vor knapp sieben Jahren ging seine Anlage in Betrieb, dass aber bis zu 40 Prozent der produzierten Energie in die Luft abgegeben werden, ärgerte Gillen allerdings. Er suchte eine Möglichkeit der Nutzung und fand sie in Form von Fernwärme – 75 Winterspelter Haushalte werden mittlerweile von seinem Hof aus beheizt. Das sind knapp 21 Prozent des Wohnraums in der Gemeinde.

„Es war für mich eine einfache Rechnung. Die Biogasanlage ist für uns wirtschaftlich, aber ganz genau betrachtet, nicht wirtschaftlich genug. Der Gesetzgeber macht es schwer. Wir müssen die Anlage mit weniger Leistung betreiben, als sie eigentlich liefern könnte – einfach weil es sonst nicht vergütet würde“, sagt Gillen. Die Fernwärme sei da eine sinnvolle Ergänzung. „Für uns lohnt sich der Aufwand mehr, und alles, was an Energie produziert wird, wird auch genutzt.“

Einen Partner hat Gillen in der bayrischen Firma Enerpipe gefunden. „Ich suchte selber nach Anbietern für Wärmenetze. Das Konzept passte einfach am besten zu uns.“ Dabei wurde ein System umgesetzt, dass in Städten bereits seit Jahrzehnten zum Einsatz kommt. Ein Kraftwerk produziert Strom und Wärme, über stark isolierte Leitungen wird heißes Wasser direkt in die angeschlossenen Haushalte geliefert.

Etwa vier Kilometer ist das Leitungsnetz lang. „In den Häusern gibt es noch einen Wandler, der die Hitze in das bereits vorhandene System einspeist. Produzieren wir nicht genug, was selten vorkommt, kann der Kunde quasi zuheizen.“ Um Spitzenbelastungen aufzufangen ist die Anlage auch mit einem Pufferspeicher ausgestattet. „Er fasst 50♦000 Liter warmes Wasser, das bei Bedarf eingespeist werden kann. Zusätzlich steht auch noch ein 80 Kilowatt starker Hackschnitzelkessel zur Verfügung.“ Wird im Sommer zu viel Wärme produziert, gibt es auch eine Lösung. „Wir trocknen dann damit Hackschnitzel für den Winter.“

Einer seiner Kunden ist die Ortsgemeinde. „Unser Kindergarten ist an das Wärmenetz angeschlossen“, sagt Winterspelts Ortsbürgermeister Hubert Tautges. Für die Gemeinde sei das schon eine erhebliche Einsparung. Beispielrechnungen gehen davon aus, dass je nach Heizverhalten bis zu zwei Drittel der Kosten eingespart werden können. „Im Grunde würden wir auch gern das Dorfgemeinschaftshaus anschließen, der Teil des Ortes ist aber noch nicht erschlossen.“

So froh die Kunden über die Einsparungen seien, ganz problemlos sei das Wärmenetz allerdings nicht, räumt Tautges ein. „Das Problem ist der Verkehr. Der Hof liegt mitten im Ort, die Straßen, sie wurden nach dem Krieg gebaut, waren nie für eine so hohe Belastung durch LKWs ausgelegt und sind zudem nach den Jahrzehnten in einem nicht gerade guten Zustand.“ Die Belastung durch den Zulieferverkehr sei schon hoch, langfristige Entlastung sei aber in Sicht: „Es wurden Fördermittel für eine Sanierung beantragt.“ Wie es im Moment aussehe, werde es in diesem Jahr zwar nichts mehr mit dem Ausbau, aber im kommenden hoffe man auf eine Sanierung, „denn die Nutzung von erneuerbarer Energie in dieser Form ist eigentlich etwas wirklich Tolles. Deswegen sind wir ja auch mit dem Kindergarten Kunden.“

Ein aufwandgeringer Nebenverdienst ist der Betrieb übrigens nicht. „Rund um die Uhr muss die Anlage im Blick gehalten werden. Die Biogasanlage aber noch mehr als das Wärmenetz“, sagt Gillen. Dennoch ergänze die Produktion von Strom und Wärme den Hof optimal.

„Wir haben 150 Milchkühe, da hat so eine Anlage gut in unser Konzept gepasst.“ Der Hof wird mittlerweile in der vierten Generation geführt. Für die Gasproduktion und damit auch für das Wärmenetz werden täglich 16 Tonnen Rindergülle, sowie Mais, Gras- und Rübensilage eingesetzt.

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