Ab sofort in Diensten des Papstes

TRIER. Einer der innovativsten Köpfe der Region Trier macht sich auf den Weg zu neuen Ufern. Martin Fontanari, Chef des Europäischen Tourismus-Instituts (ETI), unermüdlicher Antreiber und Initiator in Sachen Tourismus, Kultur und Wirtschaftsförderung, wechselt – zum Vatikan.

Statt weltweit touristische Projekte für Trier an Land zu ziehen, wird der 39-Jährige Marketing- und Kommunikationschef beim päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“, das 8000 Projekte in 140 Ländern betreut. Seine exzellenten China-Kenntnisse wird er brauchen können, ist doch das Reich der Mitte in Sachen Kirchen-Unterdrückung ein trauriger Vorreiter.

„Jetzt geht das mit dem Reisen richtig los“, sagt Fontanari, und so richtig traurig klingt das nicht. Obwohl er Ehefrau Sabine und die fünf Kinder wohl noch seltener sehen wird als bisher. Die Fontanaris behalten ihren Familiensitz in Mertesdorf, schließlich ist die Region Trier, wie der Österreicher versichert, „längst unsere zweite Heimat geworden“. Zeit, sich mit der Mentalität der Moselaner anzufreunden, war jedenfalls genug. Schon als wissenschaftlicher Mitarbeiter Anfang der Neunziger Jahre machte der promovierte Betriebswirt auf sich aufmerksam. 1998 kam er als Geschäftsführer zum ETI zurück und entwickelte den notleidenden Uni-Ableger zu einem landesweit gelobten Muster-Unternehmen.

Aber bei aller Assimilation: Für die Region Trier blieb Fontanari immer auch ein Stachel im Fleisch, ein unkonventioneller Ideen-Lieferant mit eingebauter Allergie gegen all zu viel provinzielle Betulichkeit. Die Region habe „gerade in Krisenzeiten eine riesige Chance“, sagt er im Brustton der Überzeugung – wenn sie es denn schaffe, „aus dem Dornröschenschlaf herauszukommen“. Auf das Wachküssen hat er einen Gutteil seiner beachtlichen Energie verwendet. Als professioneller Berater vieler Institutionen, als Visionär für ein touristisches Kompetenzzentrum Trier, als Anstoß-Geber bei Moselfestwochen, Initiative Region Trier, China-Forum – oder wo immer man sein Knowhow nachfragte. Kein Wunder, dass er auch im Abgang, den Blick schon fest auf neue Aufgaben gerichtet, etliche Vorschläge für „seine“ Region aus dem Hut zieht. Kernpunkt: Die Schaffung einer „schlagkräftigen Struktur“, die in der Lage sei, „strategisches Denken und Handeln für die Gesamtregion zu entwickeln“. Dafür brauche man „eigenständige Kompetenzen und finanzielle Ressourcen“. Stattdessen gibt es im ehemaligen Regierungsbezirk Trier, wie Fontanari beobachtet hat, „eine Vielzahl engagierter Einzel-Institutionen ohne Umsetzungskraft“. Zudem fehle es an „charismatischen Führungspersönlichkeiten, die sich die Entwicklung der Gesamtregion auf die Fahnen geschrieben haben“. Zwar verfüge man über „hervorragende Landräte und Bürgermeister“, die aber durch die Zwänge einer lokal geprägten Politik „zum Kirchturmsdenken geradezu genötigt werden“.

Letzteres ist Fontanari ein Gräuel. Es sei doch „völlig egal, wo innerhalb einer Region Arbeitsplätze geschaffen werden, Hauptsache sie bleiben in der Region, ob nun in diesem oder jenem Landkreis“. Aber so lange man keine Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturförderung aus einem Guss betreibe, schöpfe die Region „ihr Potenzial einfach nicht aus“. Dieses Potenzial hält Fontanari für enorm. Von den Entwicklungsperspektiven her gehöre die Region Trier „zu den Top-Fünf in Europa“, sagt der Touristiker und Ökonom. Marktlücken gebe es noch genug. Freilich nur, wenn man sich auf vier Stützpfeiler konzentriere: „Tourismus, Landwirtschaft, nachwachsende Rohstoffe, innovativer Mittelstand“.

Das klingt visionär und ist auch so gemeint. Auch wenn Fontanari einräumt, dass „die Zeit für Visionen immer bedrängter wird“. Aber im Prinzip seien für die Region Trier „eigentlich alle Lösungen schon mal angedacht“. Nur mit der Umsetzung hapere es. Und da ist sein Vertrauen in die Selbstheilungskraft der Moselaner begrenzt: „Ein bisschen Befruchtung von außen“, glaubt Fontanari, werde es „schon brauchen“.

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