Abgestürzter Pilot verklagt Bundeswehr

Koblenz/Büchel · Bei der missglückten Landung eines Bundeswehr-Tornados hat sich im März 2009 der Pilot des Kampfjets so schwer verletzt, dass er zum schwer behinderten Frühpensionär wurde. Nun verklagt er die Bundeswehr auf eine höhere Pension.

Koblenz/Büchel. Als er die Kontrolle über seinen Kampfjet verlor, als er mit Tempo 290 über die Landebahn schlitterte, wusste er sich nicht mehr zu helfen - und schoss sich mit dem Schleudersitz aus dem Cockpit. Es war eine eisige Nacht auf dem Fliegerhorst in Büchel (Kreis Cochem-Zell), ein furchtbarer Unfall und das Ende einer Karriere.
Aus dem Kampfpiloten wurde an jenem 23. März 2009 ein Frühpensionär. Aus dem durchtrainierten Bundeswehr-Hauptmann ein Zivilist mit 80-prozentiger Schwerbehinderung. Er brach sich bei dem Unfall nach eigenen Angaben beide Beine, einen Arm sowie mehrere Hals- und Brustwirbel. Er kann seinen Körper nicht mehr belasten, hat im Alltag mit großen Eischränkungen zu kämpfen. Jetzt hat der Mann (35), der heute im Raum Mayen wohnt, die Bundeswehr verklagt. Er will im Prozess vor dem Verwaltungsgericht Koblenz erreichen, dass er höhere Versorgungsbezüge bekommt - eine höhere Pension. Er erhält derzeit rund 2800 Euro netto, möchte aber 3800 Euro. Aber die Bundeswehr weigert sich, mehr zu zahlen.
Der Mann war Kampfpilot beim Jagdbombergeschwader 33 in Büchel. Und so kam es an jenem 23. März zum Unfall: Er und sein Kopilot absolvieren abends einen Trainingsflug, irgendwo über Süddeutschland. Als sie zurückkehren zum Fliegerhorst, wird das Wetter plötzlich immer schlechter. Heftige Windböen, starker Schneefall. Der Pilot versucht viermal zu landen, schafft es aber nicht. Zweimal bricht er selbst ab, zweimal stoppen ihn Mitarbeiter des Kontrollturms.
Um 21.07 Uhr, beim fünften Versuch, passiert es. Der Pilot entscheidet sich zur Landung. Er setzt auf der Landebahn auf - und gerät ins Straucheln. Er kann den Flieger nicht mehr kontrollieren, zieht den Griff zum Schleudersitz und schießt sich und seinen Kopiloten dann aus der Steuerkabine. Der Kampfjet überschlägt sich, bleibt völlig zerstört in einer Wiese liegen. Die beiden Männer schnellen mit der Kraft der 16-fachen Erdbeschleunigung in die Luft. Dutzende Meter hoch. Dann prallen sie mit großer Wucht zu Boden. Die Männer verletzen sich schwer. Ihr Vorgesetzter, Geschwaderkommodore Oberst Jan Kuebart, sagte damals: "Die beiden haben das einzig Richtige gemacht, sonst würden sie nicht mehr leben."
Zehn Operationen, lange in Reha


Die Bundeswehr sagt auch heute noch, dass die Männer richtig gehandelt haben - das teilte sie auf Anfrage der Rhein-Zeitung mit. Der Pilot musste gut zehn Mal operiert werden, viele Monate in Reha-Zentren verbringen. 2011 wurde er in den Ruhestand versetzt.
Der Prozess war recht einseitig. Im Gerichtssaal erschien nur der 35-jährige Kläger, die Bundeswehr schickte niemanden. Sie ließ bestellen, ihre zuständigen Bediensteten seien verhindert. Das erboste Vize-Gerichtspräsident Klaus Meier, der den Prozess leitete. Er sagte zum früheren Kampfpiloten: "Ich finde es maßlos, wie Ihr Dienstherr mit seinen Soldaten umgeht."
Die Anwältin des 35-Jährigen argumentierte vor Gericht: Er hätte in jener Nacht niemals landen dürfen, da die Witterung zu schlecht war, die Landebahn vereist. Er landete nur, weil er vom Kontrollturm falsch informiert wurde. Der Unfall war lebensgefährlich. Darum sei er als qualifizierter Dienstunfall zu werten - und dem Mann seien höhere Versorgungsbezüge zu zahlen.
Die Position der Bundeswehr fasste das Gericht so zusammen: Der Unfall sei nicht bei einer lebensgefährlichen Diensthandlung geschehen, sondern bei der Rettung des eigenen Lebens. Darum handle es sich um einen allgemeinen Dienstunfall, die Versorgungsbezüge seien nicht zu erhöhen.
Das Gericht machte unterdessen recht deutlich, dass es den Standpunkt des Klägers gut nachvollziehen kann. Es will sein Urteil in etwa zwei Wochen bekannt geben.

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