Abstiegsangst und Aufstiegsträume

MAINZ. Mitten im Abstiegsschlamassel steckt Mainz 05, doch noch in diesem Monat will der Fußballklub Klarheit über den Bau eines größeren neuen Stadions. Auch bei der Zweitliga-Überraschungself TuS Koblenz reifen entsprechende Pläne. Die Blicke richten sich auch aufs Land, das bereits für den Ausbau des Kaiserslauterer Betzenbergs tief in die Tasche griff und damit Zeichen setzte.

Ausverkauft mit 20 000 Zuschauern: Trotz der aktuellen Niederlagenserie bleiben die Eintrittskarten für jedes Heimspiel des selbst ernannten Fastnachtsvereins Mainz 05 begehrte Mangelware. Ein neues Stadion mit 35 000 Plätzen muss her, um sich in der ersten Liga langfristig konkurrenzfähig zu halten, meint die Vereinsführung. Seit Monaten ist sie mit Stadt und Land mal im Clinch und mal im Gespräch, um eine größere Arena zu stemmen. Dabei wird auch schon mal mit einem Standortwechsel auf die Wiesbadener Rheinseite nach Mainz-Kastel gedroht oder fordernd auf den Steuergeldersegen für den WM-Ausbau des Kaiserslauterer Betzenbergs verwiesen.Teure Zusagen an die Pfälzer

Die Zusagen an die Pfälzer kommen die öffentliche Hand allein für den Stadionausbau mit bis zu 60 Millionen Euro fast doppelt so teuer wie ursprünglich geplant. Noch ist nicht alles abgerechnet, doch an Landeszuschüssen dürften am Ende 44 Millionen fließen. Nun darf der Traditionsverein, der das WM-Abenteuer als Stadionbesitzer nicht und als Verein nur knapp überlebte, nach seinem Abstieg in die zweite Liga vom Wiederaufstieg träumen und in einer Vorzeige-Arena spielen. Und die Stadt hofft, dass ihr FCK die drei Millionen Euro Stadionmiete überweisen kann. In dem Ausbau-Abenteuer musste die in der Not gegründete städtische Stadiongesellschaft nicht nur den FCK-Finanzierungsanteil von 18 Millionen, sondern mit dem Gelände auch Vereinsschulden von 50 Millionen übernehmen. Gleichzeitig hat das Land aus Gründen der Gleichbehandlung parallel zu seinen Zuschüssen für das Fritz-Walter-Stadion noch einmal zusätzliche 15 Millionen Euro für den allgemeinen Sportstättenbau locker gemacht, um Kritik an einer einseitigen Unterstützung des Profifußballs zu begegnen.Mainzer Deckungslücke von 13 Millionen Euro

Zwar wachsen mit der aktuellen sportlichen Talfahrt vereinzelt auch in Mainz die Zweifel am Sinn des risikoreichen Stadionprojekts. Der Klub will dennoch Kurs halten. Auf mehr als 40 Millionen Euro wird ein Neubau veranschlagt. Selbst wenn Investoren aufgetan werden, geht ein Finanzierungsgutachten von einer Deckungslücke von 13 Millionen Euro aus. Allerdings ist bei alledem die Standortfrage noch ungeklärt. Wird nicht hinter dem alten Bruchwegstadion gebaut, sondern vor den Toren der Stadt, sind noch einmal schätzungsweise zehn bis 15 Millionen Euro für Geländeaufkauf und Verkehrsanbindung fällig, die an Land und Stadt hängen bleiben. Zwar hat Ministerpräsident Kurt Beck den Mainzern "angemessene" Hilfe zugesagt. Festlegungen gibt es allerdings nicht. In den Ausbau der Bruchwegstadions sind über die Jahre bereits fast elf Millionen Euro an Landesgeldern geflossen. "Für ein Mainzer Stadion ist kein weiteres Geld eingeplant", sagt Finanzminister Ingolf Deubel. Über eine Bürgschaft des Landes, die das Risiko absichert, könne geredet werden. Bei einer Standortverlagerung müssten jedoch die bereits gezahlten Zuschüsse für den Bruchweg zurückgefordert oder verrechnet werden. Mit von der Partie beim Stadionausbau ist das Land auch beim Zweitligisten Koblenz. Um die wichtigsten Auflagen der Deutschen Fußball Liga zu erfüllen, wurden am "Oberwerth" 4,5 Millionen Euro in Umbau, Flutlichtanlage und Sicherheit investiert, davon 1,8 Millionen aus der Landeskasse. Doch vieles ist Improvisation. Erweiterungen sind wegen Hochwasserschutzes nicht möglich. Daher reifen bei Präsident Walter Degen und seinem Vorstand auch Neubaupläne. Nach dem Vorbild Paderborn ist an einen stufenweisen Ausbau gedacht: einem 17 500 Zuschauer fassenden ersten Abschnitt (Kosten 15 Millionen Euro) könnte später eine Erweiterung auf mehr als 25 000 Plätze folgen. Die Koblenzer schielen laut Degen vor allem auf eine Landesbürgschaft. Allerdings ist auch in diesem Fall die Verkehrsanbindung mangels Standorts noch völlig im Dunkeln. Kostengünstig hat sich die Frage eines Neubaus dagegen in Trier gelöst. Die Pläne für ein 15-Millionen-Projekt sind nach zwei Abstiegen geplatzt. Laut Sportdezernent Georg Bernading wurde damit "eine historische Chance verpasst". Nun wartet die Stadt seit einem Jahr vergeblich auf ein Zuschuss-Signal aus Mainz, um wenigstens dringende Sanierungsarbeiten in Höhe von 1,5 Millionen Euro anpacken zu können.

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