Abstimmung ohne Kritiker?

Trier · In der rheinland-pfälzischen Alternative für Deutschland (AfD) brennt mal wieder der Baum. Der Grund: Mehrere Mitglieder wollen das Ergebnis der vergangenen Vorstandswahl kippen. Parteichef Uwe Zimmermann spricht von haltlosen Vorwürfen.

Trier. Wenn sich die Bundes-AfD an diesem Wochenende zu ihrem Parteitag in der Essener Grugahalle trifft, wird es heiß hergehen. Schuld daran sind die vorausgesagten tropischen Temperaturen - und der seit Monaten schwelende Richtungs- und Personalstreit an der Parteispitze (siehe Extra).
Aber nicht nur auf Bundesebene gibt es heftigen innerparteilichen Streit. Auch in der rheinland-pfälzischen AfD ist nicht zum ersten Mal mächtig Feuer unterm Dach. Mehrere Mitglieder, darunter der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Rhein-Pfalz-Kreis und das Bitburg-Prümer Vorstandsmitglied Alexander Schwarz, haben vor dem Bundesschiedsgericht die zwei Monate zurückliegende Wahl des Landesvorstands angefochten.
Der Wahlvorgang habe "eindeutig gegen Grundregeln demokratischer Wahlen und gegen die Wahlordnung der AfD verstoßen", heißt es in einem unserer Zeitung vorliegenden Schreiben der Initiatoren.
Konkret geht es den Protestlern um die auf dem Landesparteitag im pfälzischen Bellheim benutzten elektronischen Geräte für die Stimmabgabe. Die Geräte vom Typ Powervote haben laut Mit-Unterzeichnerin Elke Sommer den Nachteil, dass sie sich rasch entladen. Die Folge: "Stimmen, die im hinteren Teil des Saals abgegeben werden, kommen vorne nicht mehr an", behauptet die ehemalige AfD-Chefin des Kreises Mainz-Bingen. Vom Unternehmen Powervote war gestern niemand für eine Stellungnahme erreichbar.
Nach Angaben Sommers saßen bei den Vorstandswahlen 266 Delegierte im Saal. Laut offiziellem Ergebnis haben bei der Wahl des Vorsitzenden aber nur 191 Anwesende ihre Stimmen abgegeben, bei einem anderen Wahlgang 166. Heißt für Elke Sommer und die anderen 15 Protestler, dass einmal 75 und einmal 100 abgegebene Stimmen nicht gezählt worden seien. Alles Stimmen von den angeblich absichtlich im hinteren Teil des Saals platzierten Gegnern des alten und auch neuen AfD-Landesvorsitzenden Uwe Zimmermann, der sich in Bellheim klar gegen seine Herausforderin Christiane Christen durchsetzen konnte.
Zimmermann, Maschinenbauprofessor aus Saarburg, steht seit Ende 2013 an der Spitze der Landes-AfD. Wie Bundesparteichef Bernd Lucke wird auch Zimmermann dem wirtschaftsliberalen Flügel zugerechnet, während seine unterlegene Herausforderin zum national-konservativen Flügel gezählt wird.
Uwe Zimmermann bezeichnete die Vorwürfe im Gespräch mit unserer Zeitung als haltlos. "Ich mache mir da keinen großen Kopf", so der 56-jährige Hochschulprofessor, der nach eigenen Angaben offiziell noch gar nicht über die Wahlanfechtung informiert wurde. Zimmermann ist Kummer gewöhnt. Seit er an die Spitze der zuvor mächtig zerstrittenen Landespartei gewählt wurde, gibt es immer mal wieder heftigen Zoff. Einem inzwischen Ex-AfD-Landesvize wurde vorgeworfen, notorisch unzuverlässig zu sein und sich für die Aufnahme eines ehemaligen NPD-Funktionärs starkgemacht zu haben.
Unter fünf Prozent


Dann trat Landesvize Beatrix Klingel Anfang des Jahres wegen der rechtspopulistischen Tendenzen aus der Partei aus. Und zuletzt legte Schatzmeister Arnulf Bonkat nur wenige Tage nach seiner Wiederwahl den Posten nieder - aus persönlichen Gründen, wie es hieß.
Landeschef Uwe Zimmermann ist dennoch zuversichtlich, dass seiner Partei im März nächsten Jahres der Einzug in den Mainzer Landtag gelingen wird. Dabei ist die Landes-AfD in Umfragen jetzt erstmals seit einem Jahr wieder unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht. Es sieht so aus, als würde das andauernde innerparteiliche Chaos auch die rheinland-pfälzischen Wähler nicht mehr kaltlassen.Extra

AfD-Gründer Bernd Lucke geht fest davon aus, auf dem Bundesparteitag zum Vorsitzenden der Alternative für Deutschland gewählt zu werden. Sollte er allerdings Frauke Petry unterliegen, könne er sich keine weitere Zusammenarbeit mit seiner Rivalin vorstellen, sagte der 52-jährige Politiker. Der als wirtschafts liberal geltende Lucke wirft seiner zwölf Jahre jüngeren Herausforderin vor, mit populistischen Parolen am äußeren rechten Rand auf Stimmenfang zu gehen. Auf dem außerordentlichen Bundesparteitag in der Essener Grugahalle wird der komplette Parteivorstand neu gewählt. Die schon einmal verschobene Versammlung gilt als richtungsweisend für die künftige programmatische Ausrichtung der umstrittenen Partei. sey

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