Ärztliche Versorgung Landesärztekammer kritisiert Rheinland-Pfalz dafür, zu wenig junge Mediziner auszubilden

Trier/Mainz · Die Kammer sieht keine Lösung darin, anderen Staaten die Ärzte abzuwerben. Doch helfen mehr junge Studenten wirklich gegen fehlende, medizinische Versorgung auf dem Land?

An manchen Tagen geht es darum, ein Zeichen zu setzen, wenn es um Sieg oder Niederlage geht. Das sagt sich mancher Fußballer, der zu einer wüsten Grätsche ansetzt, um die Mitspieler aufzuwecken. Nicht immer grob muss der Weg in der Politik sein, um zum Ziel zu führen. Manchmal gilt es dort auch als Zeichen, alle Betroffenen eines Problems an einen Tisch zu setzen. So wie am Donnerstag im rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium, wo Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) mit Vertretern der kassenärztlichen Vereinigung, der Landesärztekammer und des Hausärzteverbandes sitzt, um ein Paket vorzustellen, das mehr junge Mediziner aufs Land locken soll. Doch irgendwann, als Jürgen Hoffart über den Ärztemangel in spricht, holt er doch zur verbalen Grätsche aus.

Der Hauptgeschäftsführer der Landesärztekammer beklagt, dass es in Rheinland-Pfalz an Medizinstudenten fehle. Und er wirft dem Land vor, lieber Ärzte aus Bulgarien, Rumänien, Ungarn oder Syrien abzuwerben statt in den eigenen Nachwuchs zu investieren. „Wir entvölkern lieber andere Länder, wo dann die Ärzte fehlen“, tadelt er und sagt: „Das darf nicht der Weg sein.“ Talentierte Mediziner gebe es auch im eigenen Land, sagt er und rechnet vor, dass auf einen Uni-Platz acht Bewerber kommen. Hoffart fordert, die Zahl der Uni-Plätze um zehn Prozent aufzustocken, zumal das Land ohnehin damit liebäugele, die Ausbildung zu regionalisieren und praktische Teile des Studiums in Krankenhäusern von Trier und Koblenz zu ermöglichen (der TV berichtete).

Rückendeckung kriegt Hoffart von Julia Klöckner. „Es gibt definitiv zu wenige Studienplätze in Rheinland-Pfalz“, findet die CDU-Landeschefin, die das hohe Durchschnittsalter von Hausärzten anführt, das bei 56 Jahren liegt. Klöckner erwartet, dass das Land reagiert, zumal etliche Ärzte schon bis 2022 in Rente gehen. „Wer sich jetzt für ein Studium entscheidet, gehört zum Nachwuchs, den wir erst für die nächsten sieben Jahre ausbilden. Und dann haben wir noch nicht an die gedacht, die ihr Studium aufgeben oder die gar nicht den Wunsch haben, alleine eine Arztpraxis mit vollen Zeiten zu übernehmen“, wendet sie ein. Begrüßen würde Klöckner, wenn durch mehr Studenten auch die Notenhürde des Numerus Clausus sinkt. „Nicht jeder, der in meinem Abi-Jahrgang einen Abschluss von 1,0 gemacht hat, wäre auch ein guter Arzt geworden“, sagt sie. Der Trierer Markus Nöhl, Sprecher des Wissenschaftsministeriums, verteidigt dagegen den Weg des Landes. 435 Plätze gebe es in diesem Jahr an der Mainzer Unimedizin, wo angehende Ärzte in Rheinland-Pfalz studieren, sagt er. 2013 habe die Zahl noch bei 392 gelegen und sei damit innerhalb von fünf Jahren schon um gut zehn Prozent gewachsen. Bätzing-Lichtenthäler will nicht ausschließen, dass das Land mehr Uniplätze schafft, verweist aber auf einen Masterplan Medizinstudium, der bis 2020 umzusetzen und auszuwerten sei. In mehr Studenten alleine sieht die Ministerin kein Rezept gegen den Ärztemangel: „Ob die jungen Mediziner hinterher auch aufs Land ziehen, kann uns doch keiner garantieren.“

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