Parteien AfD-Landeschef warnt vor Ultrarechten

Bingen · Scharfe Worte beim Parteitag: Uwe Junge droht Gegnern, Jörg Meuthen macht fiese Witze über das Kürzel der neuen CDU-Bundeschefin, ein entmachteter Kreisvorstand protestiert.

 Der rheinland-pfälzische AfD-Vorsitzende Uwe Junge (rechts) in Bingen bei seiner Ansprache an die Parteitagsdelegierten.

Der rheinland-pfälzische AfD-Vorsitzende Uwe Junge (rechts) in Bingen bei seiner Ansprache an die Parteitagsdelegierten.

Foto: TV-Medienhaus/Florian Schlecht

Hektisch packt Gabriele Bublies-Leifert ihre Tasche zusammen, als die AfD-Mitglieder ihre Entmachtung als Birkenfelder Kreischefin abgenickt haben. Dann stürmt die rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete, die Perlenkette und Lederhandschuhe trägt, zu Journalisten. „Den Parteitag kippen wir. Die Entscheidung fechten wir bis zum obersten Gericht an“, kündigt sie an und stürmt mit rotem Gesicht aus dem Saal.

„Unverschämtheit“ und „Lügner“ ruft Bublies-Leifert noch wenige Minuten zuvor, als Landesschatzmeister Kai Dettmar erläutert, was die Partei dem abgesetzten Kreisvorstand tatsächlich vorwirft. Der Mann der Zahlen mahnt, es hätten Beschlüsse und Protokolle gefehlt, um Ausgaben zu dokumentieren. Belege seien meist Ersatzbelege gewesen. „Ich habe nie jemandem vorgeworfen, in die Kasse gegriffen zu haben. Aber das hat ein Geschmäckle und schadet der Partei“, sagt Dettmar.

Der Ex-Kreisvorstand wehrt sich dagegen: Kein Cent habe gefehlt, alles sei belegt. Längst zieht der Konflikt bizarre Kreise und beschäftigt die Justiz: AfD-Landeschef Uwe Junge hat Mario Kuhn, den Lebensgefährten von Bublies-Leifert und Ex-Kreisvize von Birkenfeld, angezeigt, weil der auf Facebook in einem inzwischen gelöschten Post gedroht hatte: „Ab jetzt mache ich Euch das Leben zur Hölle.“

Da wundert es nicht, dass Junge sich auf dem Parteitag von eigenen Gegnern abgrenzt, über Streit die Nase rümpft – und Einheit in der AfD fordert. Wahre Helden seien nicht die an der Tastatur, sondern Mandatsträger und Freiwillige, die sich in Parlamenten, Fußgängerzonen und Medien beschimpfen lassen müssten, ruft Junge. Er spricht von „Intriganten“ in den eigenen Reihen, die er einen „Narrensaum“ nennt. Ebenso warnt der rheinland-pfälzische AfD-Chef scharf vor Nähe zu ultrarechten Gruppen. „Wer sich in unserer Partei mit fragwürdigen Rechten einlässt, wird von unserem Vorstand kalt und unnachsichtig zur Rechenschaft gezogen“, kündigt er an.

Damit spielt Junge auf Ausschlussverfahren an, die die Partei gegen den Konzer Jens Ahnemüller und gegen Christiane Christen eingeleitet hat. Beide stehen unter dem Vorwurf, engen Draht zum Ex-NPD-Landesvize Sascha Wagner zu haben, was die Beschuldigten abstreiten (siehe Extra). Junge spricht sich in Bingen dafür aus, „konsequent die bürgerlich-patriotische Linie fortzuführen statt Naziphobie zu schüren“. Das sagt er auch mit Blick auf eine drohende Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz: Kein Parteimitglied, so sein scharfer Appell, dürfe „politischen Gegnern den Verfassungsstrick liefern, an dem sie uns mit Wonne aufhängen wollen“.

Apropos politische Gegner: Die attackiert in Bingen Jörg Meuthen, AfD-Spitzenkandidat für das europäische Parlament, umso heftiger. Über die neue CDU-Bundeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagt er, deren Kürzel „AKK“ stehe auch für „Afrika kann kommen“. Meuthen orakelt, die Saarländerin werde „weitermerkeln“, illegale Einwanderer nicht des Landes verweisen und Grenzen nicht schließen. Den neuen CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nennt er den „Kevin Kühnert der Segelschuhträger“. Und auch die Genossen greift AfD-Bundeschef Meuthen an: Den Jusos wirft er vor, späte Abtreibungen „und damit Kindsmord“ legalisieren zu wollen. „Eine solche Partei gehört unter die Fünf-Prozent-Hürde, und genau darunter wird die SPD auch fallen.“ Auf Kurs sieht Meuthen dagegen seine Partei. Wenn die AfD die Regierung ergreife, träumt er laut, werde sie „manches rückabwickeln“.

Die rheinland-pfälzische AfD backt da zunächst kleinere Brötchen. Bei der Kommunalwahl 2019 wolle sie ihre Mandate im Land vervielfachen, sagt Parteivize Joachim Paul, der gemeinsam mit dem Trierer Michael Frisch Inhalte des Programms vorstellte. Die Digitalisierung in Grundschulen will die AfD danach stoppen. „Kinder in dem Alter sollen spielen, Baumhäuser bauen und kleine Bäche stauen“, sagt Paul. Menschen in den Kommunen sollen mehr mitbestimmen. Als Vorbild nennt Frisch den Bürgerentscheid in Trier vor einem Jahr, bei dem eine große Mehrheit dafür stimmte, die Tankstelle „Blaue Lagune“ zu erhalten. Mehr Geld fordert die AfD für Sicherheit, auch wenn das an dem turbulenten Tag in Bingen etwas untergeht.

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