Agentur der Ring-Betreiber greift Landesregierung an

Mainz · Gehen die privaten Betreiber des Nürburgrings um Jörg Lindner und Kai Richter auf Konfrontationskurs zur Landesregierung? Eine in ihren Diensten stehende Kommunikationsagentur übt im Internet harsche Kritik an der SPD.

Mainz. Karl-Heinz Steinkühler gilt als ein Mann, dessen Worte schmerzhafte Wirkung entfalten können. Viele Jahre lang hat er in Düsseldorf als Landeskorrespondent des Nachrichtenmagazins Focus Politikern auf die Finger geklopft. 2010 hat er sich selbstständig gemacht und eine Kommunikationsagentur gegründet. Ein Kunde: die Nürburgring Automotive GmbH von Hotelier Jörg Lindner und dem Düsseldorfer Kaufmann Kai Richter.
"Wir helfen in Notlagen. Unternehmen und Politiker lassen sich von uns durch und aus Krisen herausführen", wirbt Steinkühlers Agentur auf ihrer Internetseite. Dort heißt es auch: "Wir platzieren Personen und Botschaften."
Eine solche Botschaft hat der Agenturchef am 28. August in einem Blog unter der Überschrift "Kurt Becks SPD im Strudel um bestellte Wahrheiten" selbst verbreitet. Darin hagelt es Kritik an Ministerpräsident Kurt Beck, SPD-Fraktionschef Hendrik Hering und Innenminister Roger Lewentz in Sachen Nürburgring.
Über Lewentz heißt es etwa, er sei "lauthals, faktenfrei und ahnungslos über die Betreiber hergezogen". Die Ring-Affäre könne sich "für Beck und seine SPD-Getreuen zum handfesten Skandal auswachsen", mutmaßt der Autor. Dem Regierungschef wird unterstellt, er agiere vorsichtig, "weil er weiß, welche Skandalpapiere noch in den Aktenschränken schlummern".
Bemerkenswert ist der Zeitpunkt von Steinkühlers Beitrag. Seine Agentur war erst wenige Tage zuvor, am 10. August, von der Automotive GmbH mit der Unternehmenskommunikation für die Bereiche Medien, Wirtschaft und Politik beauftragt worden. Auf TV-Anfrage sagt Steinkühler, er kommentiere und begleite in seinem Blog tagesaktuelle Themen und nutze ihn auch zur Darstellung oder Interpretation von Kunden- oder Mandantenanliegen. "Allerdings dürfen Sie davon ausgehen, dass ich meinen Blog inhaltlich nicht im Auftrag meiner Kunden einsetze, sondern ihn sehr journalistisch sehe und betreibe."
Innenminister Roger Lewentz will den Beitrag ebenso wenig kommentieren wie SPD-Fraktionschef Hendrik Hering.
"Ich finde es eigenartig, was der gute Mann schreibt", sagt dagegen CDU-Fraktionsvize Alexander Licht. Offenbar versuche Kai Richter, sich zu positionieren. "Nach dem Motto: Seid vorsichtig, wenn ihr versucht, mich rauszudrängen."
Die Union fordert schon lange, dass sich die Landesregierung von Ring-Geschäftspartner Kai Richter trennt, gegen den seit Ende Juni die Staatsanwaltschaft Koblenz wegen des Verdachts der Untreue ermittelt.
Ein Grund für den kritischen Beitrag der Agentur Steinkühler könnte auch Streit ums Geld sein: Am Nürburgring sind für ertragsschwache Bestandteile des Freizeitparks neue Konzepte und eventuell teure Umbauten nötig. Die Landesregierung hat sich hingegen festgelegt, maximal sieben Millionen Euro zu zahlen.
Dass sich die Automotive GmbH gegen die Landesregierung positioniert, hält man in Koalitionskreisen für unwahrscheinlich. "Das wäre unklug. Was hätten die Betreiber davon?", sagt ein führender Sozialdemokrat.
Es sei aber durchaus möglich, dass sich Richter vom Ring verabschiede. Er stehe enorm unter Druck und tauche öffentlich nicht mehr auf.
Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler schließt einen Betreiberwechsel nicht aus. Er betont mit Blick auf die Prüfungen der EU-Kommission, ob bei der Gewährung von Fördermitteln des Landes EU-Beihilferecht verletzt wurde: "Sollte sich die Notwendigkeit einer Neuregelung ergeben, werden die Koalitionspartner neu ausschreiben."Landesregierung und CDU-Opposition streiten um ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young. Darin geht es auch um verbotene Beihilfen für den Freizeitpark an der Eifel-Rennstrecke. Ein Sprecher des Innenministeriums sagt, die Aussage betreffe nur Teilaspekte des Parks, insgesamt sei das Projekt EU-konform. Scharf weist er den CDU-Vorwurf zurück, das Papier sei verheimlicht worden. "Das Gutachten wurde sowohl dem Untersuchungsausschuss als auch dem Wirtschaftsausschuss im Herbst 2010 zugeleitet." Christian Baldauf (CDU) moniert hingegen, es sei "nicht das erste Mal, dass die Landesregierung ein Gutachten verschweigt, weil es unangenehme Details enthält".fcg

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