Alle OSZE-Mitarbeiter in Ostukraine frei

Donezk/Kiew · In der Ostukraine haben Separatisten auch das letzte festgehaltene Team der OSZE freigelassen. Eine gute Nachricht für den Friedensplan von Präsident Poroschenko. Der kündigt große Reformen an, bevor die Waffenruhe am Montagabend endet. Merkel telefoniert mit Putin.

Donezk/Kiew. Vor dem Auslaufen der verlängerten Waffenruhe in der Ukraine heute Abend sind die letzten verschleppten internationalen Beobachter freigekommen. Unter den vier Mitarbeitern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die rund einen Monat in Gefangenschaft waren, ist eine Deutsche.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko kündigte am Wochenende zum Tag der Verfassung seines Landes die größte Reform der Verfassung seit 20 Jahren an. Ein Teil der Macht soll dezentralisiert werden, und die Kommunen sollen deutlich mehr Befugnisse erhalten.

Gestörte Waffenruhe


Am Sonntag sprachen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande erneut mit Russlands Staatschef Wladimir Putin und Poroschenko in einem Telefonat über die Lage. Das bestätigte eine Sprecherin der Bundesregierung. Nähere Angaben wurden vorerst nicht gemacht. Einige Tage zuvor hatten sich die vier Politiker bereits telefonisch geeinigt, dass die OSZE bei der Kontrolle des Waffenstillstands und der Ostgrenzen der Ukraine mitwirken solle.
Während am Sonntag Angehörige freiwilliger ukrainischer Kampfverbände vor dem Präsidentenamt in Kiew gegen eine Verlängerung der Waffenruhe protestierten, warfen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine der ukrainischen Führung einen Bruch der Waffenruhe vor. Die Kampfhandlungen hätten ungeachtet der verlängerten Waffenruhe nicht aufgehört. Die vier freigelassenen OSZE-Mitarbeiter befanden sich nach Angaben der Organisation am Samstagabend in einem Hotel in der Stadt Donezk. In der Nacht zum Freitag war das erste OSZE-Team freigekommen. Die beiden Gruppen waren Ende Mai von prorussischen Separatisten festgesetzt und an unbekannten Orten festgehalten worden.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich erleichtert. Die Deutsche und ihre Kollegen seien in Donezk in sicherer Obhut, sagte er in Berlin. "Ich kann nur allen danken, die an den Verhandlungen teilgehabt haben, die jetzt zur Freilassung geführt haben." Dies gelte vor allem für die OSZE, aber auch für die trilaterale Kontaktgruppe, bei der Russland eine wichtige Rolle spiele. "Auch Russland hat sich in dieser Kommission bewegt und hat seinen Anteil daran, dass es zu dieser Freilassung kommen konnte."
Die Freilassungen sind auch ein wichtiger Bestandteil des Friedensplans des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Auch die seit dem 20. Juni geltende Waffenruhe soll die Umsetzung des 15-Punkte-Plans erleichtern. Ziel ist es, die von blutigen Kämpfen erschütterte Ostukraine zur Ruhe zu bringen.
Trotz der Verlängerung der Feuerpause bleibt die Lage in der Ostukraine angespannt. "In Kramatorsk gehen die Militäraktionen weiter", sagte Separatistenführer Miroslaw Rudenko nach Angaben der Agentur Interfax. Die Verlängerung habe nur das Ziel, das Militär für einen Schlag gegen die Separatisten in Stellung zu bringen. Regierungsnahe Kräfte warfen den Separatisten umgekehrt vor, Soldaten auf dem Flughafen von Kramatorsk beschossen zu haben. Laut Armee wurde ein Soldat bei Auseinandersetzungen nahe Slawjansk getötet. "Von unserer Seite wird das Feuer nicht eröffnet", sagte der Anführer der selbst ernannten "Volksrepublik" Lugansk, Waleri Bolotow, am Sonntag. "Der Gegner befolgt die Bedingungen der Feuerpause nicht", behauptete Bolotow. Das Militär habe weiter Flugzeuge im Einsatz und bewege schwere Kampftechnik.
Proteste in Kiew


"Es werden nicht nur besiedelte Orte beschossen, sondern auch das Gebiet der Russischen Föderation", sagte Bolotow der Agentur Interfax zufolge. Er erwarte nach Ende der Feuerpause eine Zunahme der Gewalt und kündigte Widerstand an.
In Kiew forderten Hunderte Menschen Poroschenko auf, die Feuerpause zu beenden und das Kriegsrecht zu verhängen,.
Extra

Der Poroschenko-Friedensplan in 15 Punkten:1. Sicherheitsgarantien für alle Teilnehmer an Verhandlungen. 2. Befreiung von strafrechtlicher Verfolgung derjenigen, die die Waffen niederlegen und keine schweren Verbrechen begangen haben. 3. Freilassung von Gefangenen. 4. Schaffung einer Pufferzone von zehn Kilometern an der russisch-ukrainischen Grenze. Abzug illegal bewaffneter Formierungen. 5. Garantierter Korridor für den Abzug russischer und ukrainischer Söldner. 6. Entwaffnung. 7. Schaffung von Einheiten des Innenministeriums für die Absicherung gemeinsamer Patrouillen. 8. Freigabe illegal besetzter Gebäude in den Donezker und Lugansker Gebieten. 9. Wiederherstellung örtlicher Machtorgane. 10. Wiederaufnahme der zentralen Fernseh- und Radioübertragung in den Gebieten Donezk und Lugansk . 11. Dezentralisierung der Macht (durch die Wahl von Komitees, Schutz der russischen Sprache, Projekt einer Verfassungsänderung). 12. Absprache der Gouverneure mit den Vertretern des Donbass vor Wahlen (Einigung auf eine Kandidatur, bei Uneinigkeit trifft der Präsident die Entscheidung). 13. Vorgezogene Kommunal- und Parlamentswahlen. 14. Programm für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region. 15. Wiederaufbau von Industrieobjekten und sozialer Infrastruktur. dpa

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