Natur Frühling erreicht Region mitten im Winter – So leiden Allergiker unter dem Klimawandel

Trier · Allergiker aufgepasst: Die Hasel blüht rund um Trier sechs Wochen früher als normal. Immer kürzer wird der Winter.

 Arme Nase! Die gemeine Hasel (Corylus avellana) blüht in der Region Trier bereits seit Ende Dezember. Für Allergiker wird die Zeit des Leidens durch den Klimawandel immer länger.

Arme Nase! Die gemeine Hasel (Corylus avellana) blüht in der Region Trier bereits seit Ende Dezember. Für Allergiker wird die Zeit des Leidens durch den Klimawandel immer länger.

Foto: dpa/Arno Burgi

Mal eine kleine Quizfrage: In welchem Monat blühen Hasel und Schneeglöckchen? A: Dezember? B: Januar? C: Februar? Die statistisch richtige – und aktuell dennoch komplett falsche – Antwort lautet: C, im Februar. Denn im langjährigen Mittel (1992 bis 2019) legen Haselsträucher laut Deutschem Wetterdienst (DWD) am 12. Februar los – im warmen Rheinland-Pfalz schon am 3. Februar. Die Schneeglöckchen strecken dann ein paar Tage später ihre weißen Köpfchen Richtung Himmel.

Mit der Realität haben diese Daten allerdings derzeit nichts zu tun. Aus der Region Trier wurden dem Deutschen Wetterdienst die ersten blühenden Haselsträucher bereits am 25. Dezember gemeldet. Also fast sechs Wochen „zu früh“. Und in vielen Gärten sind auch die Schneeglöckchen schon da. „Wir sind in diesem Jahr sehr früh dran – wie in den beiden vorigen auch“, sagt Christina Endler, die beim DWD für die Pollenflugvorhersage zuständig ist.

Immer früher beginnt für die Pflanzen der Frühling. Immer kürzer sind die Winter. Besonders deutlich zeigt sich dies im Moseltal. Das rheinland-pfälzische Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen hat zusammengestellt, wie sich die Blütezeit verschiedener Arten verschoben hat. So ist der Winter, der mit der Haselblüte endet, heute an der Mosel im Schnitt 22 Tage kürzer, als er es vor 1980 war. Damals dauerte die kalte Jahreszeit im langjährigen Mittel noch 108 Tage, heute sind es nur noch 86. Moselaner, die keine Allergien haben, dürfte das freuen: Bei ihnen startet der Frühling (im langjährigen statistischen Mittel) Anfang Februar. Oder auch mal, wie nun, bereits im Dezember. Der Herbst endet an der Mosel auch später: Nicht wie früher im Oktober, sondern erst im November fallen die Blätter der Stieleiche.

Ähnlich ist die Entwicklung im Bitburger Gutland: Um exakt drei Wochen haben sich die Winter verkürzt (auf 93 Tage), in der Osteifel  sogar um 26 Tage (auf 100 Tage). Der Hunsrücker Winter dauert „nur noch“ 110 statt 122 Tage. Weniger Veränderungen zu spüren bekommen alle, die in der rauen West-Eifel leben. Dort ist der Winter im regionalen Vergleich mit 111 Tagen am längsten und hat sich seit 1980 auch nur um neun Tage verkürzt.

Für Allergiker sei die Klimaerwärmung sehr ungünstig, weil sich die Pollenflugsaison verlängert, sagt Endler. Zuletzt ersparte der viele Regen empfindlichen Nasen das Schlimmste. Doch wenn es bald trockener und wärmer wird, dürften sich auch die ersten Erlen-, Ahorn-, Eschen und Zypressenpollen zur Hasel gesellen.

Durch den längeren Herbst wird es einer eingewanderten Pflanze wie der Beifuß-Ambrosie zudem plötzlich möglich, reife Samen zu produzieren.

„Ihre Pollen gelten als einer der stärksten Auslöser von Heuschnupfen und Asthma-ähnlichen Symptomen“, sagt Astrid Kleber vom Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen. Die Blüte dauere bis Mitte September, so dass sich die Pollensaison um vier Wochen verlängert. Während die Ambrosie in der ­Rheinebene schon sehr verbreitet ist, gab es in der Region nur vereinzelte Funde.

Ein weiteres Problem ist laut Kleber neben der stark verlängerten Allergie-Saison, dass auch die Konzentration von Pollen in der Luft zugenommen hat. Ursachen könnten die Temperatur und die steigende Kohlendioxid-Konzentration sein, da diese sich positiv auf das Pflanzenwachstum auswirken.

Wer weiß, wie spätere Generationen die Quizfrage nach dem Beginn der Haselblüte beantworten.

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