Alles nur Märchen

Landtagswahl hin - Landtagswahl her, Schunkelalarm war diese Woche im Parlamentsfoyer angesagt. Doch politische Spitzen wollten sich die Abgeordneten bei aller - diesmal zulässigen - Narretei nicht verkneifen, auch wenn zu Ehren des scheidenden Hausherrn, Landtagspräsident Christoph Grimm, bei der traditionellen Landtagsfastnacht das Kostüm-Motto "Grimms Märchen" ausgegeben war. d Als Sultan verkleidet, zog Ministerpräsident Kurt Beck, umrahmt von einer bunten Genossen-Truppe, ein, in der sich von Dornröschen bis zum Jäger aus Kurpfalz alle möglichen wundersamen Figuren eingefunden hatten.

Doch nicht nur die Opposition wollte statt des huldvollen Herrschers eher einen orientalischen Märchenerzähler erkennen. d Mit einer fußballbegeisterten Weltmeisterschaftstruppe stürmte die CDU unter Führung von Kapitän Christoph Böhr in reichlich Schwarz-Rot-Gold gehüllt das altehrwürdige Deutschhaus. Während sie eine kräftiges "Einer für alle, alle für einen" schmetterte, fragten sich nicht wenige, ob angesichts der turbulenten Spitzenkandidatenfindung in der Union hier wohl nicht der Wunsch Vater des Gedankens sei. d Grünen-Fraktionschefin Ise Thomas kündigte, als tapferes Schneiderlein kostümiert, keck auf ihrem Brustband ein "Sieben auf einen Streich" an, wollen die Ökos doch diesmal bei der Wahl in eben jene Prozentregion vorstoßen, um endlich die Roten für sich zu gewinnen. Doch des Sultans-Mannschaft schlug gesanglich zurück: "Ist das nicht die grüne Ise ?... Ja, die kriegt beim Beck die Krise." d Sich selbst auf die Schippe nahm Justizminister Herbert Mertin, der mit dem Liberalen-Haufen ein Strafgericht gegen den gefürchteten Juristenjargon zelebrierte. Beweise für absonderliches und stumpfsinniges Juristen-Deutsch wurde beispielhaft vorgebracht: "Besteht der Personalrat aus einer Person, so erübrigt sich die Trennung nach Geschlechtern." Einleuchtend auch: "Der Tod stellt aus versorgungsrechtlicher Sicht die stärkste Form der Dienstunfähigkeit dar." Oder aus den Erklärungen zum Bundesreisekostengesetz: "Stirbt ein Bediensteter während einer Dienstreise, so ist damit die Dienstreise beendet." Trotz unzähliger Vergehen gegen den gesunden Menschenverstand wurde der Juristenjargon überraschend freigesprochen - hatte er doch wenigstens für reichlich närrische Lacher gesorgt. d Der Polit-Jargon blieb dagegen ohne Anklage. Er findet sich nicht bei der Landtagsfastnacht in der Bütt wieder, sondern während der Plenarsitzungen am Rednerpult.

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