Alles Roger! SPD schenkt ihrem Landesvorsitzenden Lewentz weiter das Vertrauen

Ludwigshafen · Trotz Hahn-Krise ist Roger Lewentz der Gewinner des SPD-Landesparteitags in Ludwigshafen. Delegierte wundert das nicht – abgestraft haben sie bei Wahlen andere Vorstandsmitglieder.

Malu Dreyer drückt Klaus Jensen noch einen letzten Kuss auf die Lippen, ehe der SPD-Landesparteitag in Ludwigshafen startet. Vier Stunden später steht für die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin dann für einen kurzen Augenblick nicht mehr ihr Ehemann und der Ex-Oberbürgermeister von Trier im Mittelpunkt. Sondern Roger Lewentz.

Als das Ergebnis des Landesvorsitzenden Roger Lewentz feststeht, drückt Dreyer dem Innenminister einen Blumenstrauß in die Hand und umarmt ihn. Der Innenminister bejubelt seine 87,7 Prozent, während die Delegierten stehen und klatschen. Und das nur wenige Monate nach der schwersten politischen Krise des Innenministers.

Der gescheiterte Hahn-Deal mit dem chinesischen Bieter SYT setzte besonders Lewentz unter Druck, der als Innenminister den Verkauf des Hunsrück-Flughafens verantwortet. Opposition und Medien forderten den Rücktritt des Ministers, der wiederum spricht von "betrügerischen Machenschaften", denen die Regierung zum Opfer gefallen sei. "Ich weiß, die Ereignisse haben euch weh getan", sagt Lewentz zu den Delegierten, die darüber hinwegsehen, dass das einzige Fehler-Eingeständnis des 53-Jährigen ein zu großes Vertrauen in Zusagen der Wirtschaftsberater ist. Lewentz geht auf die Partei-Seele ein.

Für die meisten SPD-Delegierten ist es keine Überraschung, dass sich die Partei hinter Lewentz stellt. Der Minister sei in der SPD gut vernetzt, beliebt, auch in den Ortsvereinen, weil er tief in der Partei verwurzelt ist, sagen sie. Er war Ortsbürgermeister, Landtagsabgeordneter, Generalsekretär unter Kurt Beck, Staatssekretär, Minister - in Jahren vieler sozialdemokratischer Wahlsiege. In der Hahn-Krise habe Lewentz unbequeme Besuche vor Mitarbeitern des Flughafens nicht gescheut, wie bei Demos am Airport oder in Mainz, sagt die Landtagsabgeordnete Bettina Brück (Thalfang). Der Minister habe die Ärmel im neuen Verkaufsprozess hochgekrempelt, das Verhältnis mit Wirtschaftsprüfern von der KPMG beendet.

Kritiker wie CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder sehen das anders. Ihn stört es, dass Lewentz die Schuld für das Hahn-Desaster nach wie vor auf die Wirtschaftsprüfer der KPMG abschiebe - und deren Schweigen bei der Vertragsauflösung mit "großzügigen Zuwendungen aus der Staatskasse" erkaufe. 443.000 Euro zahlte das Land der KPMG noch an Honorarforderungen, zusätzlich zu den 6,25 Millionen Euro, die bis zum Sommer geflossen waren. Aus Unionskreisen heißt es, die Berater dürften für Oktober und November noch Forderungen im sechsstelligen Bereich stellen. Lewentz wirkt nach der Wahl aber gelöst. Beim Hahn gebe es positive Ansätze mit den neuen Bietern. Mit dem Wahlergebnis sei er zufrieden, trotz zwei Prozent an Stimmen weniger als noch 2014. "Es war ein emotionales Jahr, in dem es ab und auf ging."

Die Köpfe lassen bei dem Parteitag andere hängen. Wie Generalsekretär Daniel Stich, der sich erstmals zur Wahl stellt, mit 72,7 Prozent aber das schlechteste Ergebnis kassiert. "Ein Stück unbequem" sei die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge, gibt er selber zu. Dafür wirbt Stich offensiv, weil die strukturell unterfinanzierte Partei nur so zukunftsfähig bei Kampagnen bleibe. Die Mehrheit der Mitglieder stimmt letztlich zu.

Tröstend legen manche Delegierten ihre Arme auch um Astrid Schmitt, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, die nicht mehr ins Beisitzer-Gremium gewählt ist. "Das kommt überraschend", sagt die Vulkaneifelerin. "Wir sind ein kleiner Kreisverband, da muss man mehr Absprachen treffen. Das habe ich nicht getan." Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Halle räumen schon leere Kaffeebecher und Anträge weg, während sie spricht. Der Gewinner mit dem Blumenstrauß ist da schon entschwunden.Extra vom Parteitag

Ein Chor der Jungsozialisten (Jusos) hat beim SPD-Landesparteitag auch die "Internationale" gesungen. Der rheinland-pfälzische Fraktionschef Alexander Schweitzer sang das Lied von der ersten bis zur letzten Zeile mit. Der Landesvorsitzende Roger Lewentz stimmte nur beim Refrain ein, Ministerpräsidentin Malu Dreyer murmelte nur ganz sporadisch mit.Nicht nur beim Singen war Schweitzer stark. Mit 95,9 Prozent durfte sich der stellvertetende Vorsitzende über das beste Ergebnis freuen. Auf dem Onlineportal Twitter wurde er danach "Kronprinz" der rheinland-pfälzischen SPD genannt. Kenner von Schweitzer sagen aber, das höre er deutlich weniger gern als die Internationale.Ebenso bleiben Doris Ahnen (Trier) und Hendrik Hering als stellvertretende Vorsitzende im Landesvorstand der SPD. Ahnen (86,5 Prozent) schnitt knapp schlechter ab als vor zwei Jahren (89 Prozent), Hering (83,8 Prozent) leicht besser als 2014 (82 Prozent).Apropos Prozent: Roger Lewentz lästerte, dass die CDU bei ihrem Landesvorstand die Enthaltungen nicht in das Ergebnis einfließen lasse - anders als bei der SPD. Geht es nach der CDU-Rechnung, hätte Lewentz bei seiner Wahl knapp mehr als 90 Prozent bekommen.Die CDU konterte dafür die Vorwürfe an die KPMG beim Hahn-Verkauf. Robin Schmidt vom Landesverband schreibt auf Twitter, hinter jedem schnellen Auto müsse auch jemand sitzen, der es steuert.Sven Teuber und Anna Gros bleiben als Trierer und Beisitzer im Landesvorstand. Teuber war darüber besonders froh. Er musste wegen eines Infekts das Bett hüten, war damit aber nicht der einzige kranke Trierer - auch die SPD-Bundesgeneralsekretärin Katarina Barley sagte ihren Besuch ab.Eine Panne überschattete die Wahl: Hayat Erten - Stadtratsabgeordnete aus Ludwigshafen - rangierte bei den Wahlen irrtümlich unter den Männern. Der Fehler fiel erst auf, als die Delegierten schon abgestimmt hatten. Letztlich rückte Erten doch bei den Frauen rein. Die Vulkaneifelerin Astrid Schmitt flog so aus dem Gremium, Teuber rückte rein.

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