Alte Liebe rostet nicht

Anfang des Jahres nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen, will FDP-Chef Guido Westerwelle nun von einer Ampel-Koalition nichts mehr wissen.

Berlin. Im März klang das noch etwas anders. Da deutete FDP-Chef Guido Westerwelle in einem Interview an, eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen nicht mehr grundsätzlich ausschließen zu wollen. Ein Kursschwenk war das damals wegen des innerparteilichen Drucks nach der Hessen-Wahl. Zugleich hatte sich jede Menge Frust über Angela Merkels Union aufgestaut: Sie habe sich vom schwarz-gelben Projekt längst verabschiedet, beschwerte sich Westerwelle wann immer möglich. Jetzt will er von einer Ampel nichts mehr wissen, obwohl die FDP in diesen Tagen eine heiß umworbene Braut ist.

Am Wochenende herzte das SPD-Duo Steinmeier und Müntefering die Liberalen innig, um endlich die leidige Debatte über eine Zusammenarbeit mit der Linken loszuwerden. Und auch Kanzlerin Angela Merkel spricht wieder laut und deutlich von ihrem Wunschbündnis mit der FDP nach der nächsten Bundestagswahl. Das überrascht allerdings noch weniger: Der Verdruss über die große Koalition in Unionskreisen ist groß. Schwarz-Gelb ist gerade für den notorisch unzufriedenen Wirtschaftsflügel die einzig sinnvolle Option angesichts vieler inhaltlicher Schnittstellen. Und mit einem kleinen Partner ist das Regieren ohnehin einfacher.

Alte Liebe rostet nicht, wird sich nun auch Westerwelle gesagt haben: "Frau Merkel und ich wären mutmaßlich ein schönes Paar." Dabei war das Verhältnis zwischen ihm und ihr in den letzten Jahren frostig. Sie nahm ihm die scharfen Attacken im Bundestag übel, er fühlte sich von der Kanzlerin ignoriert. Im bayerischen Wahlkampf erlebt Westerwelle jedoch momentan einen Zuspruch wie nie, "das ist der beste seit der Deutschen Einheit", wundert sich der FDP-Chef selbst ein bisschen. Das hat in ihm wohl die Überzeugung weiter reifen lassen, dass trotz aller Debatten über mögliche Dreier-Bündnisse wie Ampel oder Jamaika (Union/FDP/Grüne) eine große Chance für Schwarz-Gelb besteht nach der nächsten Bundestagswahl.

"Es gibt keine Geheimabsprache"



"Ich werbe für klare, bürgerliche Verhältnisse", inszeniert sich der Oberliberale nun als standfeste Kraft "in diesen schweren Zeiten", da Bankenkrise, Inflation und Rezession drohen. Deutschland brauche eine stabile Mehrheit und eine Regierung, die etwas von "Wirtschaft versteht".

Eifrig dementierte Westerwelle gestern einen Bericht, wonach er und Merkel sich bereits verabredet hätten, dass es 2009 weder eine Ampel-Koalition noch die Neuauflage der großen Koalition geben werde. "Es gibt keine solche Geheimabsprache." In der FDP hätte der Vorsitzende mit einer solchen Vereinbarung vermutlich auch einen schweren Stand. Zwar zieht eine Mehrheit der Liberalen ein Zweierbündnis mit der Union jeder anderen Koalition vor, aber die Partei hat aus den Ereignissen in Hessen gelernt: Dort setzte die FDP ganz auf die CDU, obwohl Roland Koch die Avancen noch nicht einmal erwiderte - und am Ende ging man leer aus. Im Bund steht eine ganze Reihe an karrierebewussten Liberalen der mittleren Generation in der Wartestellung. Westerwelle selber weiß somit nur zu gut, dass er die FDP im kommenden Jahr in die Regierung führen muss, um nicht selber in die Schusslinie zu geraten. Und so ist es eher fraglich, ob die FDP tatsächlich nächstes Jahr eine klare Koalitionsaussage treffen wird. Viele Vorstandsmitglieder sind gegen eine voreilige Festlegung.

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