Altlasten der Flugplatzfeuerwehren: Wasserbehörde weist an immer mehr Orten des Landes hohe Konzentrationen gefährlicher Schadstoffe nach

Spangdahlem · In Spangdahlem wurde das Umweltproblem zwar zuerst erkannt. Doch seit Rheinland-Pfalz systematisch nach Verunreinigungen mit krebserregenden Tensiden sucht, wird es an immer mehr Stellen fündig.

 Zwei US-Kampfflugzeuge F-22 Raptor im August 2015 auf der Airbase Spangdahlem. Die Jets wurden vorübergehend nach Europa verlegt. Dauerhaft sind in Spangdahlem F-16-Kampfflugzeuge stationiert. Archiv-Foto: Klaus Kimmling

Zwei US-Kampfflugzeuge F-22 Raptor im August 2015 auf der Airbase Spangdahlem. Die Jets wurden vorübergehend nach Europa verlegt. Dauerhaft sind in Spangdahlem F-16-Kampfflugzeuge stationiert. Archiv-Foto: Klaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling

Picknickbänke laden an den sanft geschwungenen Ufern des Teichs zum Bleiben ein. Über die Wasserfläche und eine kleine Insel hinweg gleitet der Blick in lichten Kiefernwald. Ein Eifelidyll. Ein Idyll, das nicht nur vom Lärm der Kampfjets gestört wird, sondern auch von einer unsichtbaren Gefahr.

Aus dem Gelände jenseits des Zauns der Airbase Spangdahlem gelangen krebserregende Stoffe - perfluorierte Tenside (PFT) - in Bäche, Flüsse, ins Grundwasser und auch in jenen idyllischen Angelteich. Das Wasser des "Großen Blauen" bei Binsfeld ist stark verunreinigt. Neue Daten zeigen, dass auch die darin schwimmenden Fische viel zu hohe Schadstoffkonzentrationen aufweisen: 75 bis 150 Mikrogramm pro Kilo wurden gemessen. Laut EU-Norm sollten es nicht mehr als 9,1 sein. Auch Fische, die im Einzugsgebiet der Air Base in Kyll oder Salm schwimmen, enthalten zu viele giftige Tenside. Umweltaktivisten glauben, dass die Stoffe nicht nur übers Wasser, sondern auch über die Luft in die Umwelt gelangen - und zwar mit dem für Kampfjets üblichen Nato-Treibstoff JP8.

Doch die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord winkt ab. Der Wasserbehörde zufolge kommt JP8 nicht als Quelle in Frage. "Das ist für uns ein erledigtes Thema", sagt Joachim Gerke, Abteilungsleiter für Wasserwirtschaft bei der SGD. Für ihn und andere Experten steht fest, dass die Schadstoffe aus Löschmittelrückständen stammen. Jahrzehntelang haben Feuerwehrleute auf Flugplätzen wie der Air Base Spangdahlem bei Übungen tonnenweise PFT-haltige Schäume versprüht, die Kerosinfeuer besonders wirksam bekämpfen. Oder sie haben damit echte Brände gelöscht.

Genau an jenen Stellen, wo dies geschah, zeigen sich auf der Air Base laut SGD Nord hohe Konzentrationen. Aber wie kommen die Schadstoffe von dort in Bäche, Flüsse und Teiche? Und wie kann man dies verhindern? Auf diese Fragen sucht das US-Militär nun mit einem 800.000 Euro teuren Programm Antworten. An den PFT-Hotspots wird es Tiefenbohrungen geben, die zeigen sollen, wie groß der Schaden ist und wie man ihn sanieren könnte. Erste Bohrungen des US-Militärs, deren Ergebnisse unserer Zeitung vorliegen, hatten offenbart, dass das Grundwasser stellenweise bis in Tiefen von 78 Metern verunreinigt ist. Im Trinkwasser sind bisher nur minimale und in dieser Konzentration unbedenkliche Spuren der Stoffe aufgetaucht. Auch das Abwassernetz der Air Base wird untersucht, um herauszufinden wo und wie PFT-haltiges Wasser in die Kanalisation eindringt.

Eine Hauptursache für die Belastung der Oberflächengewässer sei nämlich eingeleitetes Niederschlagswasser, heißt es von der SGD. Färbeversuche sollen zudem zeigen, wie gefährdet der Beilinger Brunnen ist. Diesem Zweck dienen auch Grundwassermessstellen, die die Amerikaner auf halber Strecke zwischen der Air Base und dem Trinkwasserbrunnen einrichten. Nicht nur in Spangdahlem - in ganz Rheinland-Pfalz wird derzeit systematisch nach PFT-Quellen gesucht. Und unerfreulich oft werden die Behörden fündig. Die jüngste Hiobsbotschaft kommt aus Büchel. Auch dort wurde in Bächen und Regenwasserrückhaltebecken rings um den Fliegerhorst PFT nachgewiesen.

Zwar sind die Konzentrationen mit maximal einem Mikrogramm pro Liter niedriger als in der Südeifel. Doch liegen sie immer noch um ein Vielfaches über dem Richtwert (0,05 Mikrogramm/Liter) und bis zu 1500-fach über der EU-Norm, die ab 2018 gelten soll. Genau wie in Spangdahlem, Bitburg, Ramstein oder am Flugplatz Hahn wird es in Büchel nun weitere Untersuchungen geben. "Erhebliche Belastungen müssen saniert werden", schreibt die Wasserbehörde auf ihrer Internetseite. Wie viel dies kostet, weiß niemand. Das Beispiel Bitburg zeigt, wie teuer Umweltschäden für den Steuerzahler sind. Seit die Amerikaner das Gelände im Jahr 1994 verließen, hat der Bund mehr als zehn Millionen Euro gezahlt, um zigtausende Tonnen ölverschmutzte Böden abzubaggern, belastete Bodenluft abzusaugen oder Grundwasser zu filtern.

Vergangenes Jahr zeigte sich dann, dass das Gelände stark mit PFT belastet ist. Der Bund hat daher nun eine "hydrologische Standort- und Umfeldanalyse zur Beurteilung der Ausbreitungspfade" in Auftrag gegeben. Ein Ende der Sanierung ist somit auch nach 21 Jahren nicht in Sicht. Extra Perfluorierte Tenside Perfluorierte Tenside (PFT) sind öl-, schmutz- und wasserabweisend sowie hitzebeständig. Das macht sie so begehrt. In Teflonpfannen sind sie ebenso zu finden wie in atmungsaktiven Regenjacken, fettabweisenden Fast-Food-Schalen oder Imprägnierspray. Auch in Feuerlöschschäumen kamen sie bis 2011 vor, da sie sich besonders zur Bekämpfung von Öl-, Benzin- und Kerosinbränden eignen.

Bei alledem sind sie nahezu unzerstörbar. Die künstlich hergestellten Fluor-Kohlenstoffverbindungen werden in der Natur nicht abgebaut und reichern sich an: in Gewässern, Böden, Tieren, Pflanzen und auch im menschlichen Körper. Schon geringe Konzentrationen im Blut können Auswirkungen auf die Gesundheit haben: Die Blutfettwerte steigen, ebenso wie die Gefahr an Herzkrankheiten oder Krebs zu erkranken. Mos

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