Anfeindungen nehmen in Rheinland-Pfalz zu: Soll Hetze gegen Politiker künftig härter bestraft werden?

Mainz/Trier · Der brutale Mord an der englischen Abgeordneten Jo Cox hat auch in Deutschland die Diskussion über die zunehmenden Anfeindungen von Politikern neu entfacht. Hetze und Drohungen seien inzwischen Alltag, sagen die rheinland-pfälzischen Parteien. Brauchen wir härtere Gesetze?

Vor der Landtagswahl bekamen die 101 rheinland-pfälzischen Parlamentarier Post. Mit einem "Gutschein für Überfremdungsbefürworter" forderte die rechtsextreme Partei Dritter Weg die Abgeordneten zum Verlassen der Heimat auf. "Ein klarer Versuch, uns einzuschüchtern", kommentierte seinerzeit der Eifeler CDU-Mann Michael Billen das Schreiben. Kein Einzelfall: Dass Bürgermeister, Partei- oder Kommunalpolitiker bedroht, beleidigt oder beschimpft werden, ist inzwischen nichts Außergewöhnliches mehr. "Die Hasskriminalität in der politischen Auseinandersetzung, besonders die verbale Gewalt, nimmt zu", sagt Agneta Psczolla vom rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebund.

Die kommunale Interessenvertretung befürchtet bereits, dass sich als eine Folge immer weniger Bürger kommunalpolitisch engagieren wollen. Noch aber sei es nicht soweit, betonen Politiker der im Landtag vertretenen Parteien unisono, "wenngleich eine solche Entwicklung zu befürchten ist", wie CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder hinzufügt. Konkrete Beispiele dafür, dass eigene Leute Ziele von Anfeindungen oder Drohungen wurden, kann jede Partei nennen.

Die Polizei wird aber häufig nur "in den extremen Fällen" eingeschaltet, wie eine Partei einräumt. So ermittelte die Kripo etwa im Fall eines rheinland-pfälzischen Bundestagsabgeordneten, auf dessen Internetseite jemand die Nachricht hinterlassen hatte: "Du sollst langsam sterben!" "Sie sind mit Abstand der größte Abschaum in diesem Land", hieß es in einem anderen Fall. Werden die Urheber erwischt, drohen ihnen Gefängnisstrafen. Einigen, wie der Landesarbeitsgemeinschaft der Juristen in der SPD (ASJ), sind die Gesetze bei Anfeindungen oder Bedrohungen von gewählten Mandatsträgern, Polizisten oder Feuerwehrleuten nicht hart genug. "Wer sich für die Gesellschaft engagiert, verdient einen besonderen Schutz", sagt ASJ-Vorsitzender Peter Itzel, der im Hauptberuf Vorsitzender Richter am Koblenzer Oberlandesgericht ist.

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