Anklage: Versicherungsagent soll bessere Altersversorgung versprochen und hohe Bargeldbeträge in eigene Tasche gesteckt haben

Trier · Die Renditen von Kapitallebensversicherungen sinken seit einigen Jahren. Ein Versicherungsvermittler aus dem Raum Trier nutzte das offenbar, um seine Kunden zu vermeintlich besseren Anlagen zu überreden. Weil er deren Geld für sich behalten haben soll, steht er nun vor Gericht.

1.086.198 Euro soll ein 53-jähriger Versicherungsagent von seinen Kunden in bar bekommen und für eigene Zwecke verwendet haben. Er hatte ihnen offenbar versprochen, mit dem Geld eine bessere Altersversorgung erzielen zu können. Dafür muss sich der Mann ab Dienstag vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Trier verantworten. Es ist einer der spektakulärsten Betrugsfälle der vergangenen Jahre.

Kein vergleichbarer Fall

"Ich habe noch kein Verfahren in dieser Form erlebt", sagt ein Rechtsanwalt, der seinen Namen in diesem Zusammenhang nicht in der Zeitung lesen will. Michael Wortberg, Referent für Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, hat damit kein Problem. Auch ihm sei kein vergleichbarer Fall bekannt. Noch vor Prozesseröffnung könne man allerdings aus der Anklageschrift lernen: "Die Zeiten, in denen zum Beispiel Versicherungsvermittler zum Barinkasso befugt waren, sind schon sehr lange vorbei", sagt der Verbraucherexperte. Er rät: "Geben Sie niemals größere Bargeldsummen an Dritte weiter. Und unterzeichnen Sie keine Pauschalvollmacht, die es anderen ermöglicht, Kapitalverträge zu kündigen."

Besondere Vorsicht sei bei kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen geboten, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurden. "Das Geld daraus kommt steuerfrei zu Auszahlung. Diesen Vorteil kann man mit ähnlich sicheren Anlagen nicht wettmachen, vor allem nicht in einer Niedrigzinsphase." Für die mutmaßlichen Opfer des angeklagten Versicherungsagenten kommen diese Ratschläge zu spät. Sie sind bei dem Betrugsprozess als Zeugen geladen und werden berichten, warum und wie sie dem Mann zwischen 12.500 und 315.000 Euro überlassen haben.

Laut Anklageschrift soll der 53-Jährige bereits 2006 erstmals Geld aus gekündigten Lebensversicherungen veruntreut und in den Jahren danach immer höhere Barbeträge für sich einkassiert haben. Allerdings sind alle Vorgänge, die sich vor dem Jahr 2010 ereignet haben, wegen zwischenzeitlicher Verjährung von der Staatsanwaltschaft nicht angeklagt worden. Zu einer Strafe von vermutlich mehr als vier Jahren könnten bei einer Verurteilung allerdings auch die Vorwürfe führen, die den Zeitraum danach bis 2015 betreffen. Größte Einzelsumme ist dabei der Rückkaufswert für zwei Lebensversicherungen in Höhe von 240.000 Euro, die eine Frau dem Angeklagten im Vertrauen bar überreicht haben soll.

Der heute 53-Jährige soll seiner Klientin mit gefälschten Mitteilungen vorgetäuscht haben, dass er das Geld wieder angelegt habe. Zudem soll er an verschiedene Kunden angebliche Rentenbeträge gezahlt haben. Dadurch sollten diese den Eindruck gewinnen, er habe die ihm anvertrauten Beträge ordnungsgemäß eingesetzt.

Für das Verfahren sind zwei Verhandlungstage am Landgericht Trier angesetzt. Auftakt ist am Dienstag, 15. März, 15 Uhr.Mehr zum Thema

Tipps für Verbraucher
Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz gibt Tipps, wie Sie sich vor Versicherungsbetrügern schützen können: Unterzeichnen Sie nie eine Vollmacht, die es einem Dritten ermöglicht, pauschal Kapital(versicherungs)verträge zu kündigen.Geben Sie Dritten niemals Bargeld in größeren Summen mit. Wenn tatsächlich ein neuer Vertrag abgeschlossen worden ist, warten Sie die Beitragsrechnung ab.Falls angeblich ein besserer neuer Vertrag einen alten Vertrag ablösen soll, lassen Sie sich unbedingt beraten. Bestehen Sie auf schriftlichen Unterlagen vorab. Seriöse Firmen haben nichts zu verbergen. Aber häufig geht es auch nur um Provisionen. Klassische Kapitallebens- und Rentenversicherungen, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen worden sind, kündigt man nur im Notfall. r.n.Kostenlose Leitfäden zu kapitalbildenden Versicherungen können bei der Verbraucherzentrale angefordert werden unter versicherung@vz-rlp.de

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