Streit um umstrittenes Antidiskriminierungsgesetz Land: Polizisten müssen nach Berlin

Mainz · Sollte es in Berlin 2021 zu Ausschreitungen bei Mai-Demos kommen, könnten Polizisten aus vielen Bundesländern der Hauptstadt aber fern bleiben. Denn bei der Polizei stößt das Antidiskriminierungsgesetz, das die rot-rot-grüne Koalition in Berlin beschlossen hat, auf Widerstand.

Antidiskriminierungsgesetz: Rheinland-Pfalz schickt Polizisten nach Berlin
Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Wenn mal US-Präsidenten nach Rheinland-Pfalz reisen wie George W. Bush 2005 nach Mainz, schützen auch Polizisten aus Bayern deren Sicherheit. Bei schweren Krawallen wie auf dem G20-Gipfel in Hamburg helfen Polizisten aus Rheinland-Pfalz aus. Sollte es in Berlin 2021 zu Ausschreitungen bei Mai-Demos kommen, könnten Polizisten aus vielen Bundesländern der Hauptstadt aber fern bleiben.

Denn bei der Polizei stößt das Antidiskriminierungsgesetz, das die rot-rot-grüne Koalition in Berlin beschlossen hat, auf Widerstand. Das Gesetz soll Anzeigen gegen Polizisten erleichtern, wenn diese sich diskriminierend äußern. Die Opposition in Rheinland-Pfalz moniert Mängel am Gesetz. Polizisten müssten beweisen, Betroffene nicht diskriminiert zu haben, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Dirk Herber im Innenausschuss. „Diese Umkehr der Beweislast hat in einem Rechtsstaat nichts verloren.“ AfD-Fraktionschef Uwe Junge legte nach: „Das Gesetz erschwert Einsätze der Polizei deutlich.“  Bund und viele Länder drohen daher, ihre Polizei nicht mehr zu Großveranstaltungen nach Berlin ausrücken zu lassen. CDU und AfD fordern auch das Land auf, auf Einsätze von Polizisten aus Trier, Eifel, Hunsrück und Co. in Berlin zu verzichten.

Innenstaatssekretärin Nicole Steingaß (SPD) widersprach am Donnerstag: „Wir sehen keinen Grund, Unterstützungsleistung für Berlin abzulehnen, weil das die Kooperation zwischen Bund und Ländern und damit die Sicherheit unserer Republik gefährden würde.“ Steingaß berief sich auf einen Brief des Berliner Innensenats. Ein Gericht müsse danach einer Anzeige erst zu der Überzeugung kommen, dass es zu einer Diskriminierung gekommen sei. Die Beweislast liege also nicht bei angezeigten Polizisten.  Im Brief versichere Berlin auch, dass für Handlungen auswärtiger Polizeikräfte die Hauptstadt hafte – nicht das Bundesland, aus dem die Einsatzkräfte kämen.

Einig waren sich alle Seiten im Innenausschuss darin, Polizisten nicht unter Generalverdacht stellen zu wollen. Von 2017 bis heute, sagte Steingaß, waren Polizisten aus Rheinland-Pfalz bei 17 Einsätzen in Berlin. „Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen sind bislang keine Vorwürfe wegen des Verhaltens von Beamten erhoben worden“, beschwichtigte sie. Die Bürger- und Polizeibeauftragte des Landes, Barbara Schleicher-Rothmund, sagt, zwischen Juni 2018 und 2019 sei ihr gegenüber in Rheinland-Pfalz einmal der Vorwurf von Rassismus eines Polizisten erhoben worden. Bestätigt habe sich der Verdacht im Nachhinein nicht. Ein Antidiskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild lehnt die Landesregierung ab.

Der Polizei „latenten Rassismus“ zu unterstellen, wie es die SPD-Bundeschefin Saskia Esken geäußert hatte, kritisierte die FDP-Abgeordnete Monika Becker. .„Das ist eine Ohrfeige für alle, die zu Sicherheit und Ordnung beitragen“, sagte die Liberale. Sie sprach sich dafür aus, Polizisten weiter nach Berlin zu schicken, weil eine Haftung ausgeschlossen sei. Die Opposition zweifelte, ob das Versprechen im Ernstfall durchzuhalten sei. Sabrina Kunz, Landeschefin der Gewerkschaft der Polizei (GdP), warnte: „Faktisch wird das Gesetz Polizisten verunsichern.“

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