Rheinland-Pfalz Insekten sollen kein Dodo werden

Mainz/Kelberg · Wie Umweltministerin Ulrike Höfken im Land gegen das Artensterben kämpfen will.

 Eine Hummel landet auf blühender Phacelia. Seit den 90er Jahren beobachten Forscher ein verstärktes Insektensterben. In Rheinland-Pfalz fordert Umweltministerin Ulrike Höfken nun einen Pakt.

Eine Hummel landet auf blühender Phacelia. Seit den 90er Jahren beobachten Forscher ein verstärktes Insektensterben. In Rheinland-Pfalz fordert Umweltministerin Ulrike Höfken nun einen Pakt.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Sollte es unter bedrohten Tierarten so etwas wie einen Star geben, genießt das Haselhuhn einen besonderen Promi-Status. Nordrhein-Westfalen warf wegen des Vogels jüngst erst seine Pläne beim Lückenschluss der Autobahn 1 in der Eifel über den Haufen. 60 Millionen Euro mehr als zuvor soll nun eine neue Trasse kosten, die einen Schlenker für das Haselhuhn bildet, um Naturschützer zu besänftigen. Doch auch Rheinland-Pfalz erhebt Ansprüche auf den seltenen Vogel. „Das Haselhuhn ist ein Rheinland-Pfälzer und leider vom Aussterben bedroht“, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Nina Klinkel.

Für Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) ist das Artensterben ein dermaßen gewichtiges Problem, dass sie im Mainzer Landtag eine 19 Seiten lange Regierungserklärung dazu abgab. Die Eifelerin warnt: Nach der sogenannten Krefelder Studie sei alleine die Insektenbiomasse in den vergangenen 30 Jahren um 80 Prozent gesunken, was Höfken auf menschlichen Raubbau am Planeten zurückführt.

Sie will gegensteuern. Das Land setzt sich zum Ziel, bis 2025 den Rückgang der biologischen Vielfalt zu stoppen. Dafür fordert die Umweltministerin einen Pakt mit sämtlichen gesellschaftlichen Gruppen – Kommunen, Landwirtschaft, Umweltverbänden, Kirchen. Bis 2020 will Rheinland-Pfalz neun Millionen Euro ausgeben, um über ein bereits bestehendes Landesprogramm bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Ein Ansatz soll sein, die Straßenbeleuchtung landesweit auf LED-Lampen umzustellen, die nach Studien weniger Insekten anlocken und verenden lassen als herkömmliche Glühbirnen. Bis zum Ende der Legislaturperiode sollen 100 000 alte Straßenlaternen ersetzt werden, sagt die Biersdorferin, die in jahrelangen Bemühungen erste Erfolge beim Artenschutz in Rheinland-Pfalz sieht. „Luchs und Lachs, Sumpfschildkröte sind wieder da.“ Dramatische Verluste hielten aber an. Der Klimawandel schade bereits jetzt den Wäldern in Rheinland-Pfalz, die natürliche Lebensräume sind. 73 Prozent der Bäume im Land seien nach bisherigen Daten bereits geschädigt.

Die Opposition im Landtag zeigte sich wenig begeistert von der Erklärung der Ministerin. Die CDU-Landtagsabgeordnete Christine Schneider wirft Höfken vor, Ängste zu schüren, ohne eine Zukunftsvision zu entwickeln. „Wenn Sie eine Entwicklung als Alptraum identifizieren, sollten Sie endlich aufwachen und die Probleme anpacken.“ Schneider gibt der Landesregierung eine Verantwortung dafür, dass klimaschädliche Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor landesweit seit 1990 um 17 Prozent zugenommen hätten, was auf „verfehlte Wirtschafts- und Einstellungspolitik“ zurückzuführen sei. Viele Rheinland-Pfälzer müssten eben pendeln, was auch das Artensterben vorantreibe. Kommunen hätten zu wenig Geld, um alte Schulen und Gemeinschaftshäuser energetisch zu sanieren. Das Land leiste auch zu wenig, um eigene Gemüsebauern zu fördern.

Nina Klinkel lobte das Ministerium wiederum dafür, Lebensräume für bedrohte Arten energisch ausweiten zu wollen, denen das Schicksal des Dodos drohe. Der legendäre Riesenvogel soll gegen 1690 auf Mauritius ausgestorben sein. Geht es nach Klinkel, sollen Biene und Haselhuhn nicht zu einem neuerlichen Dodo werden.

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